12.04.2024 Ausgabe: vdivDIGITAL 2024/1

Rein digital ohne Kundenkontakt - geht das?

Zeitenwende

Was ist das für eine provokante Fragestellung, oder? Ich nehme Sie in diesem Artikel auf eine kleine Zeitreise mit und unternehme damit den Versuch, Sie auf das vorzuberei­ten, was die Branche in den kommenden Jahren erwartet oder erwarten muss – eine Zeitenwende.

Starten wir mit einem kleinen Sprung in die Vergangen­heit. Versetzen Sie sich in das Jahr 2000. Wo stand Ihr Unternehmen, wieviel Einheiten haben Sie verwaltet und wie viel Gewinn konnten Sie erwirtschaften? Hat Ihr Unter­nehmen bereits existiert? An welchem Entwicklungsstand der Digitalisierung befand sich Deutschland im Jahr 2000? Im Juli 1999 schaltet die Deutsche Telekom die ersten DSL-Anschlüsse für Privatkunden, nachdem sie ihr Pro­dukt T-DSL einige Monate vorher auf der CeBIT präsen­tiert hatte. Die zunächst eingeführte DSL-Geschwindigkeit von 768 kBit/s war in Zeiten von Analog- oder (welch Luxus!) ISDN-Modems mit maximal 64 kBit/s ein echter Quantensprung.

Zu dieser Zeit befand ich mich in der Ausbildung zum Kauf­mann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, in einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Unsere Servicezeiten für die Mieter erstreckten sich an jedem Werktag von 9 bis 18 Uhr, und während dieser Zeit waren wir auch telefonisch erreichbar. Die Büros waren geprägt von Leitzordnern in Regalen an den Wänden und Hänge-registerschränken in den Fluren, die mit Mieterakten überfüllt waren. Arbeits­prozesse wurden mit-hilfe von Umlauf- oder Unterschriftenmappen abgewickelt.

Zeitenwende im Jahr 2000

Dann setzen wir unsere gedankliche Reise nun im Jahr 2020 fort. Die durchschnittliche Internetbandbreite erreichte Mitte 2020 bereits etwa 50 Mbit/s. Kommunizieren war schon lange in einer anderen Frequenz möglich und mittelständige deut­sche Unternehmen in vielen Branchen haben den Sprung in die Digitalisierung bereits erfolgreich bewältigt. Der erste Corona-Fall in Deutschland wurde am 27.01.2020 gemeldet. Inwiefern hat diese Entwicklung Ihr Unternehmen beeinflusst? Hierbei spreche ich nicht nur von krankheitsbedingten Mit­arbeiterausfällen, sondern auch von der Notwendigkeit, den Betrieb während des Lockdowns aufrechtzuerhalten.

In meinen Beratungen der letzten Jahre musste ich fest­stellen, dass in einigen Unternehmen die Zeit scheinbar stehen geblieben ist. Es wird wenig digitalisiert, Dokumente werden weiterhin ausschließlich analog abgelegt, CRM-Sys-teme werden nicht eingesetzt, Sprechzeiten im Büro, keine digitalen Arbeitsplätze: „Die Prozesse laufen seit über 20 Jahren reibungslos. Warum sollte ich daran etwas ändern?“ Wenn Sie wieder in Ihr Unternehmen blicken, haben Sie vor, mit oder nach Corona eine Digitalstrategie oder min­destens eine Idee, wohin sich Ihr Unternehmen digital in den kommenden 5 Jahren entwickeln soll?

Das WEMoG, die neue HKVO und nun das GEG fordern uns zum Handeln auf. In den letzten Jahren sind zudem unzählige PropTechs und am Markt etablierte Software­anbieter mit neuen digitalen Ideen und Produkten in unsere Branche gestoßen. Zwar gab und gibt es nicht für alle gesetzlichen Anforderungen sofort oder bis heute funktionierende Lösungen. Doch wenn ich z.B. nach der Umsetzung der monatlichen Verbrauchsinformation frage, werden viele (auch modern aufgestellte) Anbieter, aber auch Verwaltungen sehr schnell schweigsam. Das ist über zwei Jahre nach Beginn der Verpflichtung erschreckend.

Heute: der volldigitale Workaround

Denn insbesondere mit der Veröffentlichung von ChatGPT sollte die Zeitenwende begonnen haben – wie ich an mei­nem eigenen Beispiel zeigen möchte. Mit dem Anspruch, einen volldigitalen Workaround für die täglichen Verwal­tungsaufgaben und die besonderen Schmerzpunkte – ins­besondere in der WEG Verwaltung - zu schaffen, habe ich mein Geschäftsmodell von derdigitaleverwalter.de digital optimiert. Ich verzichte vollständig auf einen Bürostand­ort und die persönliche Erreichbarkeit. Kunden erreichen uns über die Info@ Email, eine zentrale Rufnummer und unser Onlineportal. Unser Telefon wird durch eine KI-basierte Telefonanlage betreut. Anrufe werden in Textnachrichten umgewandelt, den richtigen Ansprechpartnern zugeordnet und z.T. voll automatisch bearbeitet. Für den Anruf „Ich habe meine Wohngeldabrechnung verlegt“ muss kein Sachbe­arbeiter mehr seine kostbare Zeit aufwenden.

Wohnungsgeberbescheinigungen werden vollständig auto­matisch generiert und zur Verfügung gestellt. Eingehende Emails werden ebenso ausgelesen, zugeordnet und in Teilen bereits durch das System bearbeitet. Eingehende analoge Post wird durch einen Postdienstleister gescannt und digi­tal zur Verfügung gestellt. Sofern Post von uns verschickt werden muss – erfolgt dies über einen externen Postdienst-leister. Kunden werden in viele Geschäftsprozesse einge­bunden und die Buchhaltung ist jederzeit live einsehbar.

Ich bin überzeugt davon, dass dieses innovative Modell breiten Zuspruch findet und sich als wirtschaftlich tragfähig erweist! Daher empfehle ich: Lassen Sie sich zu Möglichkeiten und Hürden der Digitalisierung nicht nur von Produktvertrieb-lern, sondern auch von freien Digitalisierungsprofis beraten!

Die Zukunft der Immobilienverwaltung zeichnet sich durch Digitalisierung, Transparenz, Effizienz und gleichzeitig kun­denorientierte Ansätze aus. Unsere Kunden entwickeln sich ebenfalls weiter, und der bevorstehende Generations­wechsel erfordert eine Anpassung. Es ist unumgänglich, dass wir uns von einer stark auf persönlichem Kontakt basierenden Geschäftspraxis lösen müssen.

Ein signifikantes Beispiel für diesen Wandel ist die Durch­führung von Eigentümerversammlungen. Früher erschie­nen 40 Eigentümer einer 50er WEG im feinen Zwirn persönlich zur Versammlung. Heute nehmen drei Eigen­tümer bequem von der Couch aus an der Hybridversamm-lung teil – niemand erscheint mehr persönlich. Ich freue mich auf die hoffentlich kommende reine Onlinever­sammlung! Ein notwendiger Schritt für unsere Branche.

Sind wir bereits am Ziel unserer Reise angelangt? Bei Wei­tem nicht. Die Reise setzt sich kontinuierlich fort! Unsere Branche erlebt derzeit einen bedeutenden Wandel. Auch in Zukunft werden wir Fachleute benötigen, die unsere Kun­den betreuen, allerdings mit zeitgemäßen Arbeitsmitteln. Die routinemäßigen und teils belastenden Aufgaben werden wir vermehrt KI und Prozessautomatisierung überlassen! Investieren Sie jetzt in innovative Ansätze und zeigen Sie Mut zur Veränderung!

Wagner, Ingo

DCD-Immoberatung, Vorstandsmitglied
VDIV Berlin-Brandenburg