12.04.2024 Ausgabe: vdivDIGITAL 2024/1

Einsatz von KI aus juristischer Perspektive

Rechtliche Problematik und Datenschutz für Immobilienverwaltungen

Der Begriff Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist in aller Munde. Oft wird damit die Vorstellung verbunden, dass eine Maschine, ein Compu­ter, so denkt wie ein Mensch und die Arbeit eines Menschen übernimmt – letztlich einen Mitarbei­ter ersetzt. Gerade in der Immobilienverwaltung, in der immer schwerer passende Mitarbeiter zu finden sind, ist das eine schöne Vorstellung.

Aktuell geht diese Vorstellung über die Praxis hinaus. Wenn wir von KI-Einsatz sprechen, ist in der Praxis oft die Auto­matisierung von „Standard“-Prozessen gemeint. ABER – und das ist ein großes Aber: Diese Automatisierung ist schon ein ganz erheblicher Schritt. Fast jeder Arbeitsab­lauf in der Immobilienverwaltung beinhaltet Elemente, die sich wiederholen. Immobilienverwalter, die sich dar­auf konzentrieren, diese sich wiederholenden Elemente zu automatisieren, haben einen erheblichen Wettbewerbs­vorteil. Verschenken Sie daher nicht diese Möglichkeiten!

KI aus Sicht des Datenschutzes

Oft erhalten wir die Frage, was ist beim Einsatz von KI rechtlich zu beachten und was ist mit dem Daten­schutz. Um diese Frage zumindest überschlägig zu beantworten, muss zwischen Automatisierung (hier als schwa­che KI bezeichnet) und tatsächlicher KI (starke KI) differenziert wer­den. Starke KI funktio­niert aktuell nicht auf der lokalen Rechner­ebene und grundsätz­lich auch nicht über einen abgeschirmten Bereich in der Cloud. Es gibt abgeschirmte starke KIs, das ist aber die Ausnahme. Eine starke KI wie z.B. ChatGPT ist und soll nach allen Seiten offen sein. Die KI soll lernen und sich verbessern. Daten, die der KI anvertraut werden, werden von der KI dann auch weiterverarbeitet und für Anfragen von Dritten genutzt. Dieser Umstand ver­deutlicht damit auch schon das wesentliche Problem bei der Verwendung einer starken KI.

KI aus Sicht der DSGVO

Welche Daten darf ich der KI geben, um nicht Rechte im Sinne der DSGVO zu verletzten? Die DSGVO soll perso­nenbezogene Daten schützen – z.B.: Klaus Meyer; geb. am 26.06.1968; tätig als ...; Gehalt von 3.000 Euro netto; verheiratet seit ...; 2 Kinder im Alter von ...; keine negative Schufa; bisher wohnhaft in ...

Sie vermuten richtig, dass ich mit diesen Daten auf einen standardisierten Prozess – Auswahl des Mieters – verwei­sen will. In diesem Prozess werden besonders viele und besonders relevante Daten verarbeitet. Sie dürfen diese Daten nicht unbearbeitet einer starken KI im Netz über­geben, damit die KI für Sie den passenden Mieter heraus­filtert. Haben Sie die Daten pseudonymisiert, können Sie die Daten an die KI geben. Allerdings ist oft der Prozess der Pseudonymisierung an sich so aufwändig, dass dieser Schritt nur bedingt Sinn macht.

Starke oder schwache KI für den Auswahlprozess?

Hier sollten Sie sich aber die Frage stellen, brauche ich für diesen Auswahlprozess eine starke KI oder kann ich den Auswahlprozess auch mit einer schwachen KI lösen. Der Vorteil der schwachen KI wäre, dass diese lokal bei Ihnen läuft und die Daten damit nicht „abfließen“. Sie bleiben somit Herr über die Daten, deren Verarbeitung und ins­besondere deren Löschung.

Sie trainieren die KI bzw. geben die Auswahlkriterien vor. Damit bleibt der Auswahlprozess nachvollziehbar. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der KI ist für die Datenschutzbehörden wesentlich. Aktuell gehen die Behörden davon aus, dass ein Datenschutzverstoß vor­liegt, wenn die Entscheidungsfindung nicht nachvollzo­gen werden kann. Im Ergebnis sollen der analoge Prozess im Gehirn eines Mitarbeiters und der digitale Prozess im „Gehirn“ der KI nach denselben Kriterien erfolgen – klare Vorgaben zur Entscheidungsfindung durch den Verant­wortlichen.

Verantwortlicher im Sinne der DSGVO ist derjenige, der über das ob und wie der Datenverarbeitung entscheidet – in der Regel also die Immobilienverwaltung. Sie ent­scheiden, welche Daten sie erheben (Schufa ja oder nein), wie Sie die Daten verarbeiten (mit oder ohne KI), wie Sie diese Daten schützen und wann Sie diese Daten löschen (... Monate nach Beendigung des Auswahlprozesses). 

Einsatz von KI braucht Datenschutz-Folgeabschätzung

Die Datenschutzkonferenz (Datenschutzbeauftragte der Länder und des Bundes) hat in der Hambacher Erklä­rung zur KI festgestellt, dass beim Einsatz von KI eine Datenschutz-Folgeabschätzung erfolgen muss. Dies  bedeutet, dass Sie die Datenverarbeitung mittels KI in Bezug auf Ihre und die Interessen und Risiken für den Betroffenen vorab bewerten, Schutzmaßnahmen beschreiben und dies entsprechend dokumentieren müssen. Im Rahmen einer solchen Folgeabschätzung beschreiben wir den Prozess, die Verarbeitung, und wir wägen die Interessen ab. Dabei definieren wir den Zweck, die Rechtsgrundlage und das Schutzniveau. Bei dieser Analyse trennen wir zwischen der Daten­verarbeitung im Rahmen der „Trainingsphase“ und im Echtbetrieb.

Letztlich kommt es den Datenschutzbehörden auch dar­auf an, dass möglichst auf eine vollautomatische Entschei­dung verzichtet wird. Je wesentlicher die Entscheidung für den Betroffenen ist, desto weniger soll die Entschei­dung allein der Maschine überlassen werden. Übersetzt bedeutet dies, dass in diesen Fällen am Ende der Mensch die letzte Entscheidung trifft. Die umfängliche Vorberei­tung und Aufbereitung der Daten kann aber durch die Maschine, die KI erfolgen.

Einsatz von KI unumgänglich

Ob in der Immobilienverwaltung KI zum Einsatz kommt, ist nicht mehr die Frage. Es ist lediglich die Frage, wann und in welchem Umfang KI genutzt wird. Ja, die DSGVO stellt für den Einsatz von KI Hürden auf. Diese sind aber überwindbar. Konzentrieren Sie sich nicht auf den Ersatz von menschlichen Mitarbeitern, sondern auf die Verlage­rung von wiederkehrenden Prozessen weg vom Menschen, hin zur KI! Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken, Ihre Effizienz wird steigen und gleichzeitig ist das Risiko für den Betroffenen und damit das Risiko von Bußgeldern beherrschbar.

Gross, Steffen

Der Rechtsanwalt ist Inhaber der Kanzlei Groß Rechtsanwälte.
www.gross.team