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Laut Koalitionsvertrag sollte der Wohnungsbau gefördert, der Mieterschutz erhöht und Abläufe digitalisiert sowie vereinfacht werden. Was hat sich bislang bei diesen Themen getan?
Die neue Regierung hatte einen „Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklung“ versprochen und dazu ein eigenes Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) geschaffen. Wir blicken nach über einem Jahr Ampel-Koalition in den Koalitionsvertrag und ziehen eine Zwischenbilanz:
Den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr hat sich die Koalition vorgenommen, ein Viertel davon öffentlich gefördert. Von diesem Ziel ist man jedoch weit entfernt. Im letzten Jahr wurden nur rund 250.000 Wohnungen gebaut. Auch 2023 wird man das Ziel aufgrund der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verschlechterten Rahmenbedingungen für den Bau weit verfehlen. Trotz steigender Zinsen, hoher Kosten, Lieferengpässen und fehlender Fachkräfte hofft Bauministerin Klara Geywitz (SPD) auf eine Verbesserung der Lage ab 2024 und will auf Vorfertigung und Digitalisierung setzen. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, erarbeitete sie einen Katalog mit 187 Maßnahmen, darunter u. a. das Bauen mit Fertigteilen und digitalisierten Genehmigungsverfahren. Die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen "Neue Wohngemeinnützigkeit" und eine Absenkung der sogenannten Kappungsgrenze für Mietpreissteigerungen auf elf Prozent wurden bisher nicht umgesetzt.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte konkrete Maßnahmen zum Mieterschutz vereinbart. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen soll in Ballungsgebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gesenkt, die bis 2025 befristete Mietpreisbremse bis 2029 verlängert werden. Außerdem wollte die Regierung die Mietspiegel reformieren. Trotz der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag wurde das Mietrecht bisher nicht angepasst. Das zuständige Justizministerium verweist darauf, dass die Ressortabstimmung in der Bundesregierung noch ausstehe.
Mit einem halben Jahr Verspätung wurde hingegen eingeführt, dass Vermieter sich an der CO2-Abgabe für das Heizen mit Erdgas und Öl beteiligen müssen. Mit dem Inkrafttreten des Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetzes, kurz: CO2KostAufG, das seit 1. Januar 2023 gilt, sollen die CO2-Kosten in Wohngebäuden nach einem Zehn-Stufenmodell anhand des tatsächlichen Kohlendioxidausstoßes des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche auf Mieter und Vermieter aufgeteilt werden. Vermieter werden somit abhängig vom energetischen Zustand des Gebäudes an den Kohlendioxidkosten beteiligt. Das Zehn-Stufenmodell legt fest, dass Mieter bei CO2-emissionsarmen Gebäuden einen höheren Anteil an den CO2-Kosten tragen müssen. Bei Wohngebäuden mit hohem CO2-Ausstoß trägt dagegen der Vermieter einen höheren Anteil an diesen Kosten.
Die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist auf den Weg gebracht und soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden. Ausgelöst durch die Energiekrise soll bereits ab 1. Januar 2024 (laut Koalitionsvertrag ab 1. Januar 2025) möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nachdem sich die Koalitionäre nach längerem Ringen auf diverse Entschärfungen hinsichtlich zugelassener Ausnahmen geeinigt haben, wird die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes erst nach dem parlamentarischen Gesetzgebungsprozess eindeutig feststehen. Schon jetzt ist jedoch klar, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele Heizkessel längstens bis 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden dürfen. Auch Gaskessel sind dann nur noch zulässig, wenn sie zu 100 Prozent mit „grünen Gasen“ betrieben werden.
Unklar ist derzeit noch, wie eine sozial gerechte Umsetzung der Pläne und eine entsprechende Förderung für die Heizungserneuerung aussehen soll, die mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert und voraussichtlich Teil der Richtlinien der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) werden sollen. Wirtschaftsminister Habeck hat dazu eine einkommensabhängige Gestaltung angekündigt.
Der Einbau eines neuen Heizsystems dürfte allerdings nur dann sinnvoll sein, wenn dieses in ein energetisches Gesamtkonzept des Wohngebäudes integriert wird. Ein insbesondere für Wohnungseigentümergemeinschaften kostenfrei zur Verfügung stehender individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) – wie im Koalitionsvertrag 2021 angekündigt – wurde bisher nicht umgesetzt. Die bereits seit Februar 2020 bestehende staatliche Förderung für den iSFP von 80 Prozent als Teil der Energieberatung ermöglicht seit 2021 einen weiteren Zuschuss von fünf Prozent für einige der im iSFP empfohlenen Maßnahmen.
Dieser Bonus kann derzeit aber nur noch in den Bereichen Gebäudehülle, Anlagentechnik und Heizungsoptimierung der BEG EM beantragt werden. Der Heizungs-Tausch-Bonus von zusätzlich zehn Prozent wird dagegen im Bereich Wärmeerzeugung nicht mehr beim Austausch auf Heizungsanlagen, die mit fossilen Energieträgern (Erdgas, Heizöl) betrieben werden, gewährt.
Um den Ausbau der Gewinnung von Solarenergie in Deutschland zu beschleunigen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 5. Mai 2023 eine überarbeitete Fassung der Photovoltaik-Strategie vorgestellt. Für elf Handlungsfelder wurden konkrete Maßnahmen erarbeitet, darunter Klarstellungen für PV-Anlagen in Industrie- und Gewerbegebieten und Erleichterungen im Baugesetzbuch. Beim Thema Stecker-Solarmodule sind laut Strategiepapier Erleichterungen im WEG- und Mietrecht vorgesehen. Außerdem sollen zur weiteren Verbreitung von PV-Dachanlagen neben der Weiterentwicklung bestehender Mieterstrommodelle auch virtuelle Summenzähler und eine „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ eingeführt werden. Die genauen Rahmenbedingungen gilt es abzuwarten.
Für Betreiberinnen und Betreiber kleiner oder mittlerer PV-Anlagen brachte schon das Jahressteuergesetz 2022 grundlegende Änderungen: Die Einnahmen aus Anlagen mit einer Maximalleistung von 30 Kilowatt-Peak (kWp) sind ab sofort steuerfrei, und das rückwirkend ab dem Jahr 2022. Seit 1. Januar 2023 fällt außerdem auf die Lieferung von PV-Anlagen keine Umsatzsteuer mehr an, wenn diese auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert werden (Nullsteuersatz). Die Regelung gilt für alle Komponenten einer solchen Anlage, z. B. Module, Wechselrichter und auch Solarstromspeicher.
Die Ampel-Koalition möchte zudem den Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende nachschärfen, um die Verbreitung intelligenter Stromzähler zu beschleunigen. Somit sollen Abrechnungen von Mieterstrom vereinfacht und Bestimmungen zu Preisobergrenzen und Datenverkehr präzisiert werden.
Nach Einstellung der Förderung Effizienzhaus(EH)-Stu-fe 55 bzw. Effizienzgebäude (EG) 55 gelten seit 1. Januar 2023 die neuen Förderbedingungen der BEG. Mit diesen Änderungen werden Boni gezielt neu eingeführt oder ausgeweitet, um weitere Anreize für Sanierungen zu schaffen. Neu ist ein Bonus für serielles Sanieren in Höhe von 15 Prozentpunkten für Wohngebäude, die damit die EH-Stufe 40 oder 55 erreichen. Zudem wird der bereits im September eingeführte Bonus für die am wenigsten energieeffizienten Gebäude, der Worst-Performing-Build-ings-Bonus, von fünf auf zehn Prozentpunkte angehoben und neben den EH/EG 40- und EH/EG 55-Stufen auch auf Sanierungen zum EH/EG 70 Erneuerbare Energien (EE)-Standard ausgeweitet. Stabile Planungssicherheit für die verschiedenen geforderten energetischen Sanierungsmaßnahmen gibt es allerdings nicht – und die müsste bei der Ausgestaltung der Förderprogramme gewährleistet sein.
Referentin der Geschäftsführung des VDIV Deutschland