01.04.2023 Ausgabe: vdivDIGITAL 2023/1

Wie digital ist die Branche?

Mehr Stabilität, anspruchsvolle Kunden, wiederkehrende Prozesse – da geht was!

Die Bandbreite der internen und externen Wünsche und Anforderungen ist groß. Die digitale Transformation ist zu Recht bestimmendes Thema in Unternehmen und beeinflusst Geschäftsentscheidungen. Wir haben genauer hingeschaut: Wie digital ist die Branche?

Potenziale, Bedarfe und Tendenzen – das alles zeigt die von der AG Digitalisierung und dem VDIV Deutschland durchgeführte Befragung zum Thema Digitalisierung. Nach 2016 und 2018 ist dies bereits die dritte Umfrage zur Digitalisierung. Von den rund 800 befragten Immobilienverwaltungen gibt mehr als die Hälfte an, dass sich die Digitalisierung bereits jetzt positiv auf die Kundenzufriedenheit ausgewirkt habe, z. B. weil Antwortzeiten schneller ausfallen. Hier spielen mehrere Aspekte der Digitalisierung eine Rolle. Sowohl dadurch, dass es nicht mehr nur eine analoge Akte gibt, sondern dass über das System alle Daten einsehbar sind, wird die Schnelligkeit gefördert, als auch durch die Möglichkeiten von Ticketsystemen und digitalen Vertretungsregelungen mit entsprechenden Zugriffsrechten im System. Gut die Hälfte der Unternehmen (51,8 Prozent) bestätigt das damit einhergehende Sinken der Telefonie sowie den Komfort für beide Seiten. Kundinnen und Kunden erhalten schneller Rückmeldungen, während Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seltener durch Telefonate im Arbeitsablauf gestört werden, sondern E-Mails oder Nachrichten abarbeiten können.

ERP-Systeme weit verbreitet

Weit verbreitet sind in den Immobilienverwaltungen ERPSysteme. Gut 71 Prozent der Teilnehmenden geben an, diese einzusetzen und vollumfänglich zu nutzen. Die Implementierung des ERP-Systems ist in Unternehmen in der Regel ein erster großer Kraftakt auf dem Weg zur digitalen Transformation, der vieles erfordert, aber auch ermöglicht. Wer hier die Mitarbeitenden mitgenommen, vorher Möglichkeiten und Notwendigkeiten bedacht und geprüft, den passenden Dienstleister gefunden sowie eine Datenbereinigung vorgenommen hat, stellt sein Unternehmen gut auf. Dahinter liegen in den befragten Immobilienverwaltungen etwa gleichauf mit einem Nutzungsgrad von jeweils etwas mehr als 40 Prozent CRM, DMS und Onlineportale.

Doch das Eine ist der aktuelle Stand, das Andere sind die Planungen für die Zukunft. Welche Investitionen sind für diesen Bereich aktuell geplant? Der größte Teil der befragten Unternehmen, rund 73 Prozent, wollen innerhalb der nächsten zwei Jahre bis zu zehn Prozent ihres Umsatzes in die IT investieren, nur eine Minderheit von drei Prozent gab das geplante Investitionsvolumen für diesen Bereich mit mehr als 30 Prozent ihres Jahresumsatzes an. Durchschnittlich sollen 36 Prozent des veranschlagten IT-Budgets in Software, 24 Prozent in Hardware und 15 Prozent in die Beratung investiert werden. Hinsichtlich der Software ist ein eindeutiger Trend zu erkennen: Die Mehrheit (44 Prozent) zieht inzwischen webbasierte Software vor. Während im Jahr 2018 noch 56 Prozent der Befragten serverbasierte Lösungen bevorzugten, sind es nun nur noch 31 Prozent. Ein eindeutiger Trend.

Einspareffekte und Entlastung

Die bereits implementierten und integrierten Lösungen führten bei rund 54 Prozent der befragten Unternehmen zu zeitlichen Einspareffekten und einer Entlastung der Mitarbeitenden. Das ist eine Steigerung von immerhin fünf Prozentpunkten gegenüber den Antworten der Digital-Befragung im Jahr 2018.

Doch die Digitalisierung schlägt sich nicht nur positiv auf weiche Faktoren wie Kundenzufriedenheit und Entlastung der Mitarbeitenden nieder, sondern auch auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen im Unternehmensergebnis: 42 Prozent der Befragten geben an, dass die Digitalisierung ihr Unternehmensergebnis positiv beeinflusst hat. Im Vergleich: 2018 gaben lediglich 25 Prozent an, dass die Digitalisierung zur Reduzierung von Kosten beigetragen habe.

Homeoffice

Aus der aktuellen Diskussion nicht wegzudenken ist das Homeoffice. Die Auswertung der Umfrage zeigt: Bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden bzw. ab einer Größe von 3000 verwalteten Einheiten ist die Zufriedenheit bzgl. der Arbeits- und Anwesenheitsaufteilung zwischen Büro und Homeoffice hoch. Kleinere Unternehmen tendieren hingegen eher dazu, Mitarbeitende zurück ins Büro holen zu wollen. Insgesamt stehen 69 Prozent der Befragten dem Homeoffice bzw. mobilen Arbeiten offen bis sehr offen gegenüber.

Nachfolge 

Und da ist noch ein Thema, dass die Branche insgesamt, aber auch insbesondere einzelne Immobilien verwaltungen beschäftigt und inzwischen auch nicht losgelöst vom Grad der Digitalisierung gesehen werden kann bzw. sollte: die Unternehmensnachfolge. Deswegen war auch sie Teil der Umfrage. Rund ein Drittel plant eine Übergabe oder einen Verkauf in den nächsten fünf Jahren (13,6 Prozent in den nächsten ein bis zwei Jahren, 22,3 Prozent in drei bis fünf Jahren). Nach eigenen Angaben ist fast die Hälfte (49,7 Prozent) im Zeitplan mit Vorbereitungen für eine perspektivische Nachfolgeregelung. 61 Prozent wollen vor der Übergabe an einen Nachfolger noch die Digitalisierung vorantreiben, lediglich zehn Prozent geben an, sich vorher nicht mehr mit dem Thema zu beschäftigen.

Nach wie vor sind die fehlende Zeit für die Implementierung, die hohen laufenden sowie hohen Investitionskosten die größten Bedenken im Bereich der Digitalisierung in Unternehmen der Immobilienwirtschaft. Eine Digitalstrategie kann hier helfen, doch nur fünf Prozent der Unternehmen geben an, sich dabei externe Unterstützung zu holen. Die Bereitschaft dazu steigt mit der Größe des Unternehmens.

Und jetzt? Weitermachen! Die digitale Transformation geschieht nicht um ihrer selbst willen, sie lässt Unternehmen zukunftsfähig werden, steigert Effizienz, Umsatz, Zufriedenheit und die Attraktivität des Unternehmens bei Kunden und Mitarbeitenden – und damit auch den Unternehmenswert, unabhängig davon, ob bereits eine Nachfolge geplant ist oder nicht.

Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland