11.03.2024 Ausgabe: 1&2/24

WEG-Recht: Verwalterwahl bei nur einem Kandidaten

(LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.8.2023 – Az. 2-13 T 56/23)

Das Thema

Die von der Rechtsprechung nach wie vor überwiegend geforderte „Drei-Angebots-Doktrin“ wird den Anforde­rungen der Praxis immer weniger gerecht; oftmals sind ihre Voraussetzungen mangels vorliegender Angebote schlicht nicht umsetzbar.

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat sich bereits in einer im Jahr 2019 ergangenen Entscheidung von der strengen Regelung abgewandt und festgestellt, dass Eigentümer auch auf anderen Informationsgrundlagen als den bisher ge­forderten drei Angeboten eine sachgerechte Entscheidung treffen können. Mit der nachstehenden Entscheidung weicht das LG Frankfurt a. M. noch weiter als bisher von der „Drei-Angebots-Doktrin“ ab, was im Ergebnis zu begrüßen ist.

Der Fall

Die Klägerinnen sind Mitglieder einer aus insgesamt vier Einheiten – neben den Klägerinnen ist noch ein Ehepaar Eigentümer – bestehenden, verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE).

Die Eigentümer haben auf der Wohnungseigentümerversammlung, zu der sämtliche Eigentümer erschienen waren, den Beschluss über die Verwalterbestellung negativ beschieden. Das vor der Eigentümerversammlung übersandte Ladungsschreiben enthielt den Hinweis, dass lediglich ein Verwalter, dessen Name und Sitz mitgeteilt wurde, bereit sei, die GdWE zu verwalten. Sein Honorar umfasse 55 Euro pro Monat und Einheit zzgl. Mehrwertsteuer und Sonderleistungen. Mit der Ladung wurde zugleich der Entwurf des Protokolls übersandt, aus welchem hervorging, dass die Bestellung des Verwalters für fünf Jahre erfolgen sollte. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Anfechtung dieses Beschlusses.

Nach Klageerhebung haben die Eigentümer einen Umlauf­beschluss zu Bestellung des Verwalters allstimmig gefasst und den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hatte demnach nur noch über die Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden. Maßgeblich hierfür ist eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der ursprünglichen Klage.

Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreites den Klägerinnen auferlegt. Die Klage hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt, denn die Eigentümer seien im Vorfeld nicht hinreichend über die Eckpunkte des Angebotes informiert gewesen. Dem folgt das LG Frankfurt a. M. als Beschwerdegericht nicht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes hat das Landgericht festgestellt, dass die Beschlussfassung über die Verwalter­bestellung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hat. Die Anfechtungsklage hätte demzufolge nach einer summarischen Prüfung Erfolg gehabt, die Kosten seien nicht den Klägerinnen aufzuerlegen.

In einer verwalterlosen Gemeinschaft hat schon aus Gründen der Vertretung jeder Eigentümer einen An­spruch auf die Bestellung einer Verwaltung. Im konkreten Fall konnte diesem Anspruch nur durch die Bestellung des einzigen Kandidaten Rechnung getragen werden. 

Das Ermessen der Wohnungseigentümer ist in diesen Konstellationen, in denen nur ein Verwalter zur Übernahme der Verwaltung bereit ist, dahingehend reduziert, dass der Bestellungsbeschluss positiv beschieden werden muss. Nur dies entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Voraussetzungen an die Vorlage von Alternativangebo­ten dürfen nicht derart überspannt werden, dass sie zum Selbstzweck werden. Gibt es nur einen Kandidaten, der zur Auswahl steht. Und wenn angemessene Konditionen vorliegen, reduziert sich das Ermessen im Regelfall auf die Wahl dieses Kandidaten. Etwas anderes kann gelten, was vorliegend nicht vorgetragen wurde, wenn inhaltliche Einwände gegen das Angebot des Verwalters bestehen oder es keinen Verwaltungsbedarf gibt. Die sich an diese Rechtsausführungen anschließende Frage, ob eine Verwalterbestellung auch dann zwingend ist, wenn das Angebot für die Eigentümer wirtschaftlich untragbar ist, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen.

Auch das von dem beklagten Ehepaar vorgebrachte Argument, dass eine hinreichende Vorbefassung nicht gegeben gewesen sei, verfängt nicht. Denn die Eigentümer waren einerseits durch das der Einladung beigefügte Protokoll, das die wesentlichen Konditionen beinhaltet, hinreichend auf die Beschlussfassung vor­bereitet gewesen. Andererseits sind die Eigentümer – sofern sie weitere Fragen gehabt haben sollten – auf ihr Einsichtsrecht zu verweisen, wonach sie Einsicht in den Entwurf des Verwaltervertrages hätten nehmen können.


VERWALTERSTRATEGIE

Die Feststellung des Gerichts, dass sich, soweit für die Ver­walterwahl nur ein Kandidat zur Auswahl steht und dieser annehmbare Konditionen für den Verwaltervertrag vorlegt, das Ermessen der Eigentümer im Regelfall auf die Wahl dieses Kandidaten reduziert, wird zwar den Anforderungen der Praxis im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung gerecht. Zweifelhaft erscheint jedoch, ob im konkreten Fall ausreichend Kriterien für eine sachgerechte Ermessensausübung vorlagen. Hierzu führt das Gericht nicht aus, insbesondere nicht, ob den Eigentümern einer verwalterlosen Gemeinschaft die üblichen Vergütungen von Verwaltungen bekannt waren.

Bordt, Franziska

Rechtsanwältin; Kanzlei Bub Memminger & Partner, München