18.04.2023 Ausgabe: 3/23

WEG-Recht: Verwalter nach neuem Recht: kein Zustellungsvertreter

(BGH, Urteil vom 13.1.2023 – Az. V ZR 43/221)

Das Thema

Eine unzureichende Parteibezeichnung in einer nach dem 30. November 2020 erhobenen Beschlussmängelklage veranlasst den Bundesgerichtshof (BGH) zu einigen Ausführungen über die Rolle des Verwalters nach neuem Recht.

Der Fall

Die Kläger, Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wenden sich gegen die in der Eigentümerversammlung vom 14. Dezember 2020 gefassten Beschlüsse. In der am 13. Januar 2021 bei Gericht eingegangenen Klage haben die Kläger die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte und die Verwalterin als Zustellungsbevollmächtigte benannt. Auf gerichtlichen Hinweis wurde die Klageschrift mit dem am 11. Februar 2021 eingereichten Schriftsatz, welcher sodann der Verwalterin zugestellt wurde, um Berichtigung des Beklagtenrubrums, also des Schriftsatzkopfes, dahingehend gebeten, dass Beklagte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei.

Die Klage ist beim Amts- und Landgericht im Wesentlichen mit der Begründung ohne Erfolg geblieben, dass Beschlussersetzungsklagen nach § 44 Abs. 2 S. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in der zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten seien. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.

Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg. Zutreffend ist – so der BGH – dass Beschlussklagen seit 1. Dezember 2020 nach § 44 Abs. 2 S. 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind. Die Vorschrift ist an die Stelle des bisherigen § 46 Abs. 1 S. 1 WEG a. F. getreten, wonach die Klage auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten war. Nach neuem Recht ist eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage unzulässig und kann auch nicht die Fristen des § 45 S. 1 WEG wahren. 

Die beklagte Partei ergibt sich aus der in der Klageschrift nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) vorzunehmenden Parteibezeichnung, welche – als Teil der Prozesshandlung – grundsätzlich auslegungsfähig ist. Wenn eine Beschlussersetzungsklage – wie hier – eindeutig gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, werden diese Partei. Eine Auslegung dahin, dass die Klage entgegen der Parteibezeichnung gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erhoben wurde, kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen. Bei einer nach dem 30. November 2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage, in der entgegen § 44 Abs. 2 S. 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet werden, kann die Klage nur dann als gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt insbesondere nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung. Dies insbesondere auch deswegen, weil der Verwalter als vertretungsberechtigtes Organ der Gemeinschaft (§ 9b Abs. 1 S. 1 WEG) auch nach altem Recht gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 WEG a. F. in der Klageschrift zu bezeichnen und zudem gemäß § 45 Abs. 1 WEG a. F. insbesondere dann Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer war, wenn diese Beklagte waren.

Bei Eingang des die Beklagtenbezeichnung auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richtigstellenden Schriftsatzes am 11. Februar 2021, der sodann der Verwalterin zugestellt worden ist, war die Klagefrist des § 45 S. 1 WEG, wonach die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden muss, bereits abgelaufen. Denn mit der zunächst gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhobenen Klage ist die Frist des § 45 S. 1 WEG nicht gewahrt. Nach neuem Recht ist die (ggf. auslegungsbedürftige, s. o.) Bezeichnung des richtigen Beklagten für die Wahrung der Klagefrist unbedingt erforderlich. Im Unterschied dazu genügte nach altem Recht gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 WEG a. F. für die nähere Bezeichnung der übrigen Wohnungseigentümer als Partei die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks, wenn zugleich auch der Verwalter benannt wurde, weil dieser gemäß § 45 Abs. 1 WEG a. F. Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer war und diese über den Eingang der Klage unterrichten musste, sodass der Zweck der Ausschlussfristen erreicht wurde, auch wenn eine falsche Partei verklagt war. Aufgrund des ersatzlosen Wegfalls der Regelungen der §§ 44 Abs. 1 sowie 45 Abs. 1 WEG a. F. sind diese Grundsätze auf die neue Rechtslage nicht übertragbar. Der zentrale Grund liegt darin, dass der Verwalter die Eigentümer nach neuem Recht nicht mehr vertritt. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zum bisherigen Recht, wonach sowohl bei der Inanspruchnahme des Verbandes als auch bei der Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer die Klage dem Verwalter zuzustellen war, sodass dieser letztlich für die Koordination der Verteidigung gegen die Klage zuständig und damit ohnehin in die Klage eingebunden war.

Verwalterstrategie

Nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1. Dezember 2020 ist die Rolle des Verwalters grundlegend geändert worden. Die vorliegende Entscheidung zeigt, dass dies auch Auswirkungen im Prozessrecht hat. Die Entscheidung ist praktisch, insbesondere für den Fall, dass eine Klage gewohnter- bzw. irrtümlicherweise dem Verwalter zugestellt wird. Ein genauerer Blick in die Parteienbezeichnung kann in diesem Fall lohnen.

Piekut, Dr. Susanne Schießer & Piotr

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungs­eigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com