18.10.2023 Ausgabe: 7/23

WEG-Recht: Klage auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auch bei Zustimmungserfordernis des Verwalters

(BGH, Urteil vom 21.7.2023 – Az. V ZR 90/22)

Das Thema

Wie bereits mehrmals angedeutet, hat die zum 1. De­zember 2020 in Kraft getretene Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sowohl in prozess- als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht wichtige Änderungen in die gewohnten Mechanismen des WEG eingeführt. Dies gibt dem Bundesgerichtshof (BGH) erneut Anlass, seine bisherige, an der alten Gesetzeslage ausgerichtete Recht­sprechung zu überdenken – diesmal im Zusammenhang mit der Frage, gegen wen eine Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums zu richten ist, wenn in der Teilungserklärung das Erfordernis einer Zustimmung durch den Verwalter vorgesehen ist.

Der Fall

Die Klägerin, Mitglied einer Gemeinschaft der Wohnungs­eigentümer (GdWE), veräußerte am 29. Oktober 2020 ihr Teileigentum an eine Erwerberin. In der Teilungserklärung aus dem Jahr 1985 ist festgelegt, dass die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf. Die Verwalterin der GdWE verweigerte ihre Zu­stimmung zur Veräußerung, woraufhin sich die Klägerin mit einer Klage auf Zustimmung gegen die Verwalterin richtete. Das Amtsgericht hat die im Jahr 2021 erhobene Klage abgewiesen; die Berufung vor dem Landgericht ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zustimmung zur Veräußerung weiter.

Die Revision bleibt ohne Erfolg. Der BGH bestätigt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die ver­klagte Verwalterin für den gegen sie geltend gemachten Zustimmungsanspruch nicht passiv legitimiert ist.

Anfangs stellt der BGH klarstellend fest, dass – un­geachtet der Tatsache, dass der Kaufvertrag bereits am 29. Oktober 2020 geschlossen worden ist – das WEG in der seit 1. Dezember 2020 geltenden Fassung anzuwenden ist, weil das seither geltende materielle Recht mangels Übergangsvorschrift auch auf sog. Altfälle Anwendung findet.

Die streitgegenständliche Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach die Zustimmung eines Dritten zur Voraussetzung für die Veräußerung des Wohnungseigentums gemacht werden kann, entspricht dem – seit 1951 unveränderten – § 12 Abs. 1 WEG. Al­lerdings folgt daraus nicht, dass die Klage auf Erteilung der Zustimmung gegen die Verwalterin zu richten ist. Vielmehr ist seit dem Inkrafttreten des Wohnungs-eigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1. Dezember 2020 eine Klage auf Zustimmung stets gegen die GdWE zu richten, auch wenn die Regelung des Zustimmungsbedürfnisses vor diesem Datum getroffen wurde.

Nach bis dahin geltendem Recht war bei der Frage nach der Passivlegitimation für die Erteilung einer in der Teilungserklärung vorgesehenen Zustimmung nach bisheriger Rechtsprechung des BGH zu differenzieren: Die Klage war grundsätzlich gegen den Verwalter zu richten, der in aller Regel bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung als Treuhänder und mittel­barer Stellvertreter der Wohnungseigentümer tätig wurde. Nur wenn die Wohnungseigentümer die Entscheidung über die – an sich vom Verwalter zu erteilende – Zustim­mung zur Veräußerung von Wohnungseigentum an sich 

gezogen und beschlossen hatte, sie zu verweigern, waren die Wohnungseigentümer die für eine Zustimmungsklage richtigen Beklagten.

Angesichts der durch das WEMoG eingeführten Neue­rungen sieht sich der BGH veranlasst, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern. Bei einer Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach die Veräußerung von der Zustimmung des Verwalters abhängig gemacht wird, wird der Verwalter nunmehr lediglich als Organ der GdWE angesprochen. Ein eigenes Zustimmungs­recht steht ihm nicht zu – auch nicht als Treuhänder. Allerdings ist die Frage auch unter Geltung des neuen Rechts in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass auch nach neuem Recht der Verwalter selbst auf Zustimmung in Anspruch genommen werden müsse, es sei denn, die Eigentümerversammlung habe die Zustimmung abgelehnt oder der Verwalter verweigere die von der Eigentümerversammlung erteilte Zustimmung. Nach der Gegenauffassung ist die Klage unter Geltung des neuen Rechts grundsätzlich gegen die GdWE zu richten, da der Verwalter die Zustimmung nicht in eigenem, sondern im Namen der GdWE zu erteilen habe; er handele als Organ der GdWE, die gemäß § 18 Abs. 1 WEG zur Verwaltung berufen sei. Auch innerhalb dieser Auffassung wird teilweise die Ansicht vertreten, dass ausnahmsweise dann Klage gegen den Verwalter zu erheben sei, wenn dieser wie ein außenstehender Dritter kraft eigener Kompetenz handele bzw. die Gemeinschaftsordnung ihm persönlich die Erteilung der Zustimmung als eigenes Recht zuweise.

Der BGH entschied diese Frage nun dahingehend, dass die Klage stets gegen die GdWE zu richten ist, wenn die Gemeinschaftsordnung die Zustimmung des Verwalters vorsieht. Entscheidend für die Passivlegitimation der GdWE ist, dass der Gesetzgeber die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters und das Verhältnis des Verwalters zur GdWE zum 1. Dezember 2020 grundlegend neu ausgestaltet hat. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt nunmehr sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich der GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG). Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidungen umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird. Dies gilt auch dann, wenn sich eine Vorschrift ihrem Wortlaut nach an ein konkretes Organ richtet; damit wird lediglich das für die Erfüllung dieser Aufgabe zuständige Organ bestimmt. Daher ist beispielsweise die Pflicht, eine Versammlung einzuberufen, in erster Linie eine Pflicht der GdWE; § 24 Abs. 1 WEG weist die Erfüllung dieser Pflicht lediglich im Rahmen der internen Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen dem Verwalter zu. Angesichts der gesetz­lichen Änderungen sind diese neuen Grundsätze auch bei der Auslegung der in der Teilungserklärung enthaltenen Bestimmung zu beachten. Nächstliegender Auslegung entspricht es, den in der Teilungserklärung aufgeführten Verwalter nicht als beliebigen „Dritten“ i. S. d. § 12 Abs. 1 WEG zu verstehen, sondern als Organ der GdWE. Bei der Organstellung des Verwalters handelt es sich nämlich um einen für jeden ohne Weiteres erkennbaren Umstand, weil er sich aus dem Gesetz ergibt. Im Zusammenhang mit § 12 Abs. 1 WEG sind entsprechende Reglungen deshalb dahingehend auszulegen, dass sich der Zu­stimmungsanspruch gegen die GdWE richtet, diese also passivlegitimiert ist. Da sie selbst nicht handlungsfähig ist, wird die Zustimmungserklärung durch den Verwalter als dem hierfür zuständigen Organ abgegeben.


VERWALTERSTRATEGIE

Die Entscheidung unterstreicht in aller Deutlichkeit die Stellung des Verwalters im Lichte des neuen Rechts. Angesichts dessen, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nunmehr ausschließlich der GdWE obliegt, ist auch dann die GdWE „zuständig,“ wenn sich Bestimmungen direkt an den Verwalter richten. Es mag zweckmäßig sein, in der Teilungserklärung juristisch präzise die GdWE, vertreten durch den Verwalter, als zustimmungsbefugt zu bezeichnen. Doch ist es unschädlich, wenn – in abgekürzter Ausdrucksweise – der Verwalter aufgeführt ist, weil seine Funktion als Organ der GdWE ohne Weiteres erkennbar ist. Verwalter sollten im Zweifel einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft einholen, ob die Zustimmung zur Veräußerung erteilt oder aber verweigert werden soll. Damit könnte das Haftungsrisiko des Verwalters im Verhältnis zur Gemeinschaft deutlich verringert werden.

Piekut, Dr. Susanne Schießer & Piotr

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungs­eigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com