11.03.2024 Ausgabe: 1&2/24

Theorie & Praxis

Wie sich die Realität der Jahresabrechnung in Verwaltungsunternehmen gestaltet

Die Erstellung der Wohngeldabrechnungen ist ein elementarer Prozess in Immobilienver­waltungen, der in Eigentümergemeinschaften die genaue und transparente Zuordnung der Kosten und Erträge aller Miteigentümer ermöglicht. Neben der abschließenden Kontrolle relevanter Rechnungen, Zahlungseingänge und sonstiger Daten ist die Erfassung aller Nutzerwechsel mit den korrekten Daten grundlegende Voraussetzung, um die entstandenen Kosten den Verein­barungen entsprechend auf die verschiedenen Einheiten zu verteilen, sodass Nachschüsse und Guthaben ermittelt werden können.

Die Zeiten ändern sich.

Das Vorliegen der fertiggestellten und vom Beirat geprüften Wohngeldabrechnung war in der bisherigen Verwalterpraxis auch das Startsignal für den Versand der Einladungen zur jährlichen ordentlichen Eigentümer­versammlung. Nach unserer Wahrnehmung ändert sich das gerade: Meist liegen die Heizkostenabrechnungen gar nicht so früh im Jahr vor, dass Eigentümerver­sammlungen noch vor den Sommerferien stattfinden könnten. Die per Gesetz verlängerte Ladungsfrist sowie die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten mit der für hybride Versammlungsformate erforderlichen technischen Ausstattung erschweren es zusätzlich, Versammlungen im Frühjahr abzuhalten. Zudem hat die Umsetzung der vielfältigen neuen Gesetze und Verordnungen bei den Energieversorgern auch nach der Pandemie zu Verzögerungen geführt. Besserung ist für 2024 zwar in Sicht, aber viele Verwaltungen werden zumindest einzelne Jahresabrechnungen von den Energieversorgern erst relativ spät erhalten – was dazu führen wird, dass sich die Erstellung ihrer Heizkosten-abrechnungen ebenfalls verzögert. Wunschgemäß, also bis Ostern, ist das kaum zu schaffen.

Vorhandene Gestaltungsspielräume sollten Verwaltungen nutzen.

 

Wie geht man’s an?

Die Erstellung der Abrechnungsdokumente geht den meisten Verwaltungen leicht von der Hand: Sie werden ohne viel eigenes Zutun per ERP-System generiert. Aber wie dann weiter? Erfolgt der Versand klassisch per Briefpost, digitalisiert per E-Mail, oder werden die Dokumente im CRM-Modul digital für die Empfänger hinterlegt? Werden sie zusammen mit der Einladung zur Eigentümerversammlung verschickt oder getrennt davon einzeln – selbst ausgedruckt und versandt oder über einen Lettershop? Und welche Erstellungs- und Postlaufzeiten sind dann einzuplanen, um die gesetzliche Ladungsfrist von drei Wochen einzuhalten?

Und dann ist da ja auch noch die Rechnungsprüfung zu absolvieren: Arbeiten wir mit einem Dokumenten-managementsystem (DMS), liegen alle Rechnungen und Abrechnungsunterlagen digital vor. Kann und will der Beirat die Rechnungsprüfung digital durchführen? Macht er das allein und kann eventuelle Fragen in einer Videokonferenz stellen? Oder findet alles wie bisher physisch im Büro der Verwaltung statt? Können wir vielleicht sogar eine rein digitale Rechnungsprüfung vorgeben?

Als Dienstleister sollten Verwaltungsunternehmen den reichlich vorhandenen Gestaltungsspielraum nutzen. In unserem Unternehmen sind wir auf dem besten Weg, alles nur noch digital bereitzustellen und auf Nachfrage einzelne Unterlagen zu versenden. Unseren Kunden geben wir das so vor. Verträge, die wir neu schließen, beinhalten diese Regelungen explizit, und auch Bestandskunden werden sich dem nicht verweigern können. Der Markt wird sich digital entwickeln. In der Akquise macht sich das schon bemerkbar, wenn sich auch vereinzelt noch Eigentümergemeinschaften ausdrücklich für analog arbeitende Verwaltungen entscheiden.

Künftig werden auch wir sicherlich vorgeben, dass die Belegprüfung digital zu erfolgen hat, da mit der Einführung des DMS die Vorhaltung gedruckter Belege der Vergangenheit angehört. In allen Lebenslagen, wo die Digitalisierung nicht sowieso schon „state of the art“ ist, muss ein Umdenken und vor allem eine Umgewöhnung unserer Kunden stattfinden – was in einigen Bereichen sicherlich mit Aufwand verbunden sein wird, uns letztlich aber im Tagesgeschäft entlasten wird.

Transparenz schaffen

Was unseren Aufwand zusätzlich reduziert, ist die transparente, vertrauensbildende Kommunikation mit allen Eigentümern. Rückfragen zur Abrechnung und ggf. zur Tagesordnung von Eigentümerversammlungen versuchen wir im Vorwege zu beantworten. In einigen Gemeinschaften und bei umfangreichen Tagesordnungen haben wir mit Erfolg Informationsveranstaltungen über MS-Teams eingeführt. So lässt sich vieles ohne zeitraubende Diskussionen auch außerhalb der Versammlungen klären. Für manchen Eigentümer erübrigt sich somit die Teilnahme an der Versammlung vor Ort, da sie, im Vorfeld gut informiert, Vollmachten mit Stimmrechtsweisung erteilen können, was die Versammlungsdauer drastisch verkürzt.

Je früher desto besser?!

Immer häufiger wird inzwischen der Wunsch geäußert, die Eigentümerversammlung solle doch im Frühjahr stattfinden, ob Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan dann schon stehen oder nicht. Vor dem Hintergrund, dass am Objekt anstehende Maßnahmen nicht erst spät im Jahr angedacht, beschlossen und erst im Folgejahr umgesetzt werden können, ist das keine schlechte Idee. Hier können wir uns sicherlich mit Absenkungsbeschlüssen für die Genehmigung von Abrechnung und Wirtschaftsplan im Umlaufverfahren behelfen. In diesem Jahr werden wir das wohl wieder vermehrt nutzen, um Versammlungen und Maßnahmen zügig in die Bearbeitung bringen zu können. Noch besser für die Genehmigung von Abrechnungen und auch für unterjährige Beschluss­fassungen zu erforderlichen Maßnahmen und sonstige Entscheidungen wäre es, wenn auch die Durchführung rein virtu­eller Eigentümerversammlungen gesetzlich erlaubt würde – ein dring­licher Wunsch der Branche, der auch Eigentümern viele Vorteile bringt. Vielleicht wäre es sinnvoll, beim diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahren zweigleisig zu fahren: Zusätzlich zu den vorgesehenen, rein virtuellen, ordentlichen Jahresversammlungen wären doch rein virtuelle Versammlungen für einzelne unterjährige Beschlussfassungen denkbar. Das würde zu mehr Sicherheit und Demokratie führen als Umlaufbeschlüsse mit einfacher Stimmmehrheit. Und es wäre denkbar, die Hürden der Genehmigungsbeschlüsse für diese nicht ordentlichen, aber rein virtuellen Versammlungen abzusenken.

Alles in allem denken wir in unserem Unternehmen, dass 2024 noch alles beim Alten bleibt, nur ein wenig digitaler. Gespannt können wir sein, welche Möglich­keiten und Veränderungen der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) vielleicht schon im Jahr 2025 mit sich bringt. Ihre Entwicklung und der Einzug in unsere Anwendungs-Software, in ERP, CRM und DMS, beginnt gerade erst – mit schon jetzt erkennbar enormem Potenzial. Vielleicht können wir im kommenden Jahr an dieser Stelle schon über eine ganz neue Abrechnungs­realität berichten.

Schlüter, Sascha

Prokurist, Bereichsleiter WEG-Management, FRANK

www.frank.de