08.12.2023 Ausgabe: 8/23

Stichtag: 1.Dezember

Zeit für die Prüfungen zum zertifizierten Verwalter! Erste Erfahrungen zeigen, was bei den mündlichen und schriftlichen Prüfungen zu erwarten ist.

Viel wurde in den vergangenen Monaten und Jahren über die gesetzlich verankerte Verwalter-zertifizierung geschrieben und berichtet. Seit dem 1. Dezember 2023 nun haben Wohnungs­eigentümer nach § 26a Wohnungseigentumsgesetz einen Anspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters – und das heißt, dass sich inzwischen viele Verwalterinnen und Verwalter der entsprechenden Prüfung unterzogen haben. Wie ist es ihnen damit ergangen?

Die gute Nachricht zuerst: Dem Verfasser zumindest ist kaum jemand bekannt, der oder die die für die Zertifizierung erforderliche mündliche und schriftliche Prüfung nicht bestanden hat. So berichtete sogar ein Teilnehmer, die Prüfung gänzlich ohne Vorbereitung absolviert und in jeder Kategorie mit 70 bis 90 Pro­zentpunkten bestanden zu haben. Dabei handelte es sich allerdings um einen der sogenannten „Alten Hasen“ mit langjähriger Berufserfahrung. Insofern ist an dieser Stelle dennoch deutlich dazu zu raten, sich auf die Prüfung – in welcher Form auch immer – vor­zubereiten. Das kürzlich erschienene „Praxishandbuch Zertifizierung WEG-Verwalter“ des VDIV Deutschland ist dabei sicherlich sehr hilfreich.

Was umfasst die Verwalterzertifizierung?

Zur Prüfung werden von den jeweils zuständigen Indus­trie- und Handelskammern (IHK) Fachkenntnisse in vier Themenblöcken abgefragt:

  • Grundlagen Immobilienwirtschaft, z. B. relevante Versicherungen für Immobilien
  • Rechtliche Grundlagen, z. B. Wohnungseigentums-gesetz, Bürgerliches Gesetzbuch, Grundbuchrecht und weitere relevante Gesetze
  • Kaufmännische Grundlagen, z. B. Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Erhaltungsrücklage
  • Technische Grundlagen, z. B. Verkehrssicherungs-pflichten, Haustechnik

 

Die schriftliche Prüfung

Die schriftliche Prüfung, zu der keinerlei Hilfsmittel zugelassen sind, dauert insgesamt 90 Minuten. Zu be­antworten sind rund 50 Multiple-Choice-Fragen, mit denen maximal 80 Punkte erreicht werden können. Um diese bundesweit einheitliche Prüfung zu bestehen, ist in jedem Themenblock mindestens die Hälfte der möglichen Punktzahl zu erreichen. Die Gewichtung der Themenblöcke verteilt sich wie folgt:

  • Grundlagen Immobilienwirtschaft:
    rund zehn Prozent
  • Rechtliche Grundlagen: rund 46 Prozent
  • Kaufmännische Grundlagen:
    rund 22 Prozent
  • Technische Grundlagen: rund 22 Prozent

 

Die mündliche Prüfung

Die mündliche Prüfung dauert rund 15 Minuten und wird in der Regel von drei Prüfern abgenommen, die jeweils eigene Fragen für die Prüflinge vorbereiten und stellen, etwa: Was ist eine privilegierte bauliche Veränderung? Das Ergebnis dieser Prüfung wird direkt im Anschluss mitgeteilt. Da die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) keine Vorgaben für die mündliche Prüfung macht, kann jede IHK selbst entscheiden, welche Fragen dabei gestellt werden.

Auch knifflige Sachverhalte werden abgefragt.

Absolventen berichteten, dass neben einer Vielzahl eher banaler Fragen – etwa: Wann entsteht eine Wohnungs-eigentümergemeinschaft? – auch komplexe Sachverhalte abgefragt wurden. Dazu einige Beispiele von Prüfungs­teilnehmerinnen und -teilnehmern:

  • Wie wird der Wert der Wohngebäudeversicherung errechnet?
  • Was versichert die Elementarschutzversicherung?
  • Energieausweise: Brauchen denkmalgeschützte Häuser einen Ausweis?
  • Eigentümerwechsel: Wer zahlt die Abrechnungs­spitze aus der Jahresabrechnung?
  • § 34c Gewerbeordnung: Was hat sich geändert? Wer muss sich anmelden? Was ist Voraussetzung?
  • Privilegierte bauliche Veränderung: Ist ein Beschluss nötig? Was muss beachtet werden?
  • Sturz einer Mieterin bei Glatteis: Was muss die Hausverwaltung tun?
  • Welche Zähler müssen geeicht werden?
  • Einladung zur Eigentümerversammlung: Wer wird eingeladen – Zwangsvollstrecker, Nießbraucher, Insolvenzverwalter, Eigentümer im Grundbuch?
  • Erhaltungsrücklage: Ist eine Zwischenfinanzierung möglich?
  • Verwalterwechsel: Wer macht die Abrechnung für 2022?
  • Welche Betriebskosten sind umlagefähig?
  • Jemand rutscht aus: Was ist zu tun?
  • Ein Haus hat schon sechs E-Ladestationen an allge­mein zugänglichen Pkw-Stellplätzen. Hat ein Eigen­tümer ein Recht auf eine zusätzliche an seinem Stellplatz?
  • Ein Eigentümer lagert brennbare Stoffe in seinem Sondereigentum (TG-Stellplatz): Ist die Verwaltung der richtige Adressat für das Mahnschreiben vom Amt?

 

Darüber hinaus umfasste der Fragenkatalog den Erfah­rungen von Prüflingen zufolge auch Themenbereiche wie die Begründung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. Aufteilungsplan), werdende Wohnungseigentümer sowie Beschlusskompetenzen der Eigentümergemein­schaft und rechtswidrige bzw. nichtige Beschlüsse, u. a. den Winterdienstfall oder die sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 9. März 20212, Az. V ZR 161/11, ergebenden Handlungspflichten. Den Schwerpunkt der mündlichen Prüfung bildet das Wohnungseigentums-gesetz, aber auch Details des Gebäude-Elektromobilitäts-infrastruktur-Gesetzes (GEIG) wurden abgefragt. Letzteres zeigt, dass es insbesondere zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung sinnvoll ist, sich auch mit aktuellen Themen zu beschäftigen, etwa mit der seit 1. Dezember 2021 geltenden novellierten Heizkostenverordnung, der Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenver-ordnung (EnSimiMaV) und dem Kohlendioxidkostenauf-teilungsgesetz (CO2KostAufG). Es ist davon auszugehen, dass auch das geänderte Gebäudeenergiegesetz (GEG) hinzukommen wird.

Maßgeblich ist der DIHK-Rahmenlehrplan

Der Rahmenlehrplan der DIHK (Stand März 2022) gibt vor, welche Themen in der schriftlichen und welche in der münd­lichen Prüfung abgefragt werden dürfen. Dort steht bei­spielsweise auf Seite 23: „Fragen zur Trinkwasserverordnung sind nur in der schriftlichen Prüfung (S) abzufragen.“ Etwas irritierend ist es daher, zu hören, dass auch in der mündlichen Prüfung Fragen zur Trinkwasserverordnung gestellt wurden – der Rahmenlehrplan gehört zur Pflichtlektüre für alle Prüfer!

 

Füllbeck, Massimo

Fachtrainer an der EBZ Akademie für Immobilienverwaltung