08.03.2023 Ausgabe: 2/23

Steht die Beiratswahl an?

Nach neuem Recht hat sich einiges geändert. Grund genug für ein Update zu Wissenswertem rund um den Verwaltungsbeirat.

Die Reform des Wohnungseigentumsrechts zum 1. Dezember 2020 hat das Gesetz quasi über Nacht auf den Kopf gestellt. Kein Stein ist auf dem anderen geblieben. Auch zum Thema Verwaltungsbeirat ist dem Gesetzgeber etwas eingefallen. Was müssen Wohnungseigentümer wissen, die sich um das Amt bewerben? Müssen Verwalterinnen und Verwalter den Beirat nach dem neuem Recht fürchten?

No Limits: jede Gemeinschaft wie es ihr gefällt

Im Gegensatz zur alten Rechtslage, die die Wahl von drei Wohnungseigentümern zum Verwaltungsbeirat vorgegeben hatte, verzichtet der Gesetzgeber seit 1. Dezember 2020 auf die Festlegung der Anzahl der Wohnungseigentümer für das Amt. Die Änderung ist zu begrüßen, wenn man bedenkt, dass es in größeren Gemeinschaften tatsächlich erforderlich sein kann, mehr als drei Wohnungseigentümer zum Verwaltungsbeirat zu bestellen, bei kleineren Gemeinschaften dagegen reicht häufig eine Person dafür aus. Wird nur ein Wohnungseigentümer zum Verwaltungsbeirat bestellt, so ist er automatisch der Vorsitzende.

Wie wird gewählt?

§ 25 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bestimmt, dass bei der Beschlussfassung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Mehrheit bedeutet dabei die einfache Mehrheit. Es reicht also aus, wenn mehr Wohnungseigentümer für als gegen den Antrag stimmen. Für die Wahl des Verwaltungsbeirats ist zu beachten, dass über jeden Kandidaten einzeln abzustimmen ist. Eine Abstimmung in Blockwahl ist nur zulässig, wenn keiner der Eigentümer Einwände gegen dieses Wahlverfahren erhebt (KG ZMR 2004,775). Bewerber um das Amt sind bei ihrer Wahl nicht vom Stimmrechtsausschluss des § 25 Abs. 4 WEG betroffen.

Wer wird gewählt ?

Der Verwaltungsbeirat darf nur aus dem Kreis der Wohnungseigentümer gewählt werden. Die Wahl einer Person, die nicht Wohnungseigentümer ist, führt zur Nichtigkeit des Beschlusses. Die Möglichkeit der Wahl eines Beirats, der nicht Wohnungseigentümer ist, durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss entfällt also nach neuem Recht. Ist eine juristische Person oder eine Personengesellschaft Wohnungseigentümer, ist sie „Wohnungseigentümer“ und kann nach § 29 Abs. 1 S. 1 WEG zum Beirat bestellt werden. Das Amt übt dann der gesetzliche Vertreter aus (Hügel/Elzer, § 29, Rn. 17 – 24). An die persönliche Eignung sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Konflikte mit dem Verwalter oder anderen Eigentümern schließen eine Bestellung nicht aus. Auch Hausgeldrückstände führen nicht zum Zweifel an der persönlichen Eignung.

Der Unterstützer

Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Änderungen haben sich gegenüber dem alten Recht dabei nicht ergeben. Die Pflichten des Verwalters ergeben sich im Einzelnen aus dem Gesetz, aus Vereinbarungen und Beschlüssen sowie aus dem Verwaltervertrag. Dabei ist der Verwalter nicht verpflichtet, Unterstützungshandlungen der Verwaltungsbeiräte anzunehmen. Er kann nicht zur Zusammenarbeit gezwungen werden.

Der Überwacher

Neu geregelt ist, dass der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben überwacht. Dabei handelt der Verwaltungsbeirat nicht als Aufsichtsrat, eine umfassende Kontrollpflicht kommt ihm nicht zu. Die Überwachungsfunktion verleiht ihm auch keine Rechte, die über die der übrigen Wohnungseigentümer hinausgehen würden. Er ist aber verpflichtet, die ihm durch Gesetz, Gemeinschaftsordnung oder Beschluss verliehenen Rechte und Pflichten zu erfüllen. Infrage kommen etwa die Prüfung von Abrechnung und Wirtschaftsplan, die Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen, die Unterzeichnung der Niederschrift sowie die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach
§ 9b Abs. 2 WEG durch den Vorsitzenden.

Der Vertreter

§ 9b Abs. 2 WEG verleiht dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates die Funktion, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter zu vertreten. Der Verwalter ist als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) daran gehindert, die Gemeinschaft zu vertreten, wenn es um Rechtsgeschäfte mit ihm selbst geht. Die Vertretung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates schließt die dadurch entstehende Lücke und sichert in diesen Fällen die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft. Der Vorsitzende ist immer dann zur Vertretung verpflichtet, wenn auch der Verwalter verpflichtet wäre. Er vertritt die Gemeinschaft insbesondere bei Abschluss oder späteren Ergänzungen des Verwaltervertrags. Gleichwohl bedarf der Abschluss des Verwaltervertrags durch den Verwaltungsbeiratsvorsitzenden im Innenverhältnis eines legitimierenden Beschlusses.

Der Haftende

Verwaltungsbeiräte haben nach § 29 Abs. 3 WEG nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn sie unentgeltlich tätig werden. Schließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit dem Beirat einen Vertrag, der ein Entgelt für seine Tätigkeit vorsieht, so hat der Verwaltungsbeirat für jedes Verschulden einzustehen. Dabei ist der Kenntnisstand eines ordentlichen Kaufmanns der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft als Kriterium heranzuziehen. Stets sollte geprüft werden, ob Versicherungen für die Tätigkeit des Verwaltungsbeirates die neuen gesetzlichen Aufgaben decken.

Fazit

Die Stellung des Verwaltungsbeirates wird durch das neue Recht einerseits gestärkt, andererseits auch flexibilisiert. Die größte Bedeutung kommt dem Verwaltungsbeirat als Vertreter der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter zu. Die Überwachungsfunktion führt nicht zu einer Stärkung der Rechte des Beirates. Wohnungseigentümer können das Amt also auch nach neuer Rechtslage ohne Haftungsängste sorgenfrei ausüben.

Volpp, Stephan

Der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Justiziar des VDIV Baden-Württemberg. Volpp ist Dozent bei der Akademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Baden-Württemberg und Mitglied des Prüfungsausschuss ­Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.