21.07.2023 Ausgabe: 5/23

Modernisierende Instandsetzung

Modernisierende Instandsetzungen, also Er­haltungsmaßnahmen, bei denen nicht nur der tatsächliche Reparaturbedarf beseitigt wird, sondern gleichzeitig technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Lösungen umgesetzt werden, spielen im wohnungseigentumsrechtlichen Alltag eine große Rolle. Dies ist zum einen der rasanten technischen Entwicklung im Bauwesen geschuldet, die, insbesondere im Bereich der Gebäudetechnik, immer ausgefeiltere Möglichkeiten bietet, Komfort und Sicherheit zu verbessern, zum anderen auch dem Beitrag, den der Gebäudebestand zum Erreichen der Klimaziele leisten muss.

Einfache Beschlussmehrheit genügt

Einer der Kernpunkte der Reform des Wohnungseigen-tumsgesetzes (WEG) war daher die Erleichterung baulicher Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums, die seither nahezu ausnahmslos durch einfache Mehrheit beschlossen werden können.

Nachdem nun sowohl reine Instandhaltungs- und Instand­setzungsmaßnahmen (jetzt: Erhaltungsmaß nahmen) als auch bauliche Veränderungen jeweils mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können, sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit mehr für eine gesonderte Regelung zu mo­dernisierenden Instandsetzungen. Der in ihnen enthaltene Verbesserungs anteil, bei dem es sich rechtlich um eine bauli­che Veränderung handelt, kann nun ebenso leicht beschlossen werden wie der reine Erhaltungsanteil. § 22 Abs. 3 WEG a. F., der modernisierende Instandsetzungen vollständig den Re­gelungen reiner Instandsetzungen unterwarf, wurde daher ersatzlos gestrichen.

Das Problem ist die Verteilung der Kosten.

Obwohl dies in der Theorie einfach klingt, liegen die Prob­leme in der Praxis, wie so oft, im Detail. Durch die gleichen Mehrheitserfordernisse treten zwar keine Probleme beim Beschluss der beabsichtigten Maßnahme selbst auf, wohl aber bei der Verteilung der durch sie entstehenden Kosten.

Während der Erhaltungsanteil nach dem allgemeinen Kos­tenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 S. 1 WEG oder einem durch Gemeinschaftsordnung oder Beschluss festgelegten Schlüssel verteilt wird, gilt für den Modernisierungsanteil die komplizierte Kostenverteilungsregelung des § 21 WEG mit ihren zahlreichen Abstufungen.

Eine Verteilung der gesamten Kosten der Maßnahme auf alle Eigentümer ist daher nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG gegeben sind, d. h. wenn der Beschluss mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigen-tumsanteile gefasst wurde – es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten ver­bunden (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG) – oder sich deren Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG).

Zwar wird gerade bei modernisierenden Erhaltungen in vielen Fällen von einer Amortisierung der Kosten inner­halb angemessener Zeit – im Regelfall zehn Jahre – aus­gegangen werden und damit eine Kostenverteilung auf alle Eigentümer stattfinden können; die Situation ist aber dennoch nicht zufriedenstellend.

Kostenverteilung hemmt Beschlusserfassung

Dies liegt vor allem daran, dass vor Beschlussfassung oft nicht klar ist, ob die geforderte Zweidrittelmehr­heit erreicht werden wird und diese auch mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile umfasst, sodass Eigentümer davon abgehalten werden, mit Ja zu stim­men, um keine für sie ungünstige Kostenverteilung zu riskieren. Und selbst wenn diese Hürde genommen ist, verbleibt in Einzelfällen die Unsicherheit, ob die Kosten nicht „unverhältnismäßig“ sind und damit die allgemeine Kostenverteilung wieder ausgehebelt wird. Auch die Amortisations-Regelung birgt Risiken, da es sich auch hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen Voraussetzungen von der Definition der Gerichte abhängt und sich daher jederzeit ändern kann.

Da die Kostenverteilung nicht in Bestandskraft erwächst, kann diese auch nach längerer Zeit noch infrage gestellt werden. Weil die Abgrenzung zwischen reiner Erhaltung und baulicher Veränderungen auch im Rahmen des neu eingeführten § 13 Abs. 2 WEG, der bauliche Ver­änderungen unter bestimmten Voraussetzungen auch innerhalb des Sondereigentums einem Beschlusszwang unterwirft, eine Rolle spielt und zudem bei den neuen Duldungspflichten Dritter nach § 15 WEG relevant ist, wird in der juristischen Literatur bereits darüber diskutiert, die Kategorie der „modernisierenden Erhaltung“ beizubehalten und weiterhin ausschließlich den Rege­lungen für Erhaltungsmaßnahmen zu unterwerfen, um Abgrenzungsprobleme und Kostenrisiken zu vermeiden.

Zu empfehlen ist der Doppelbeschluss

Bis hier eine Klärung durch die Rechtsprechung erfolgt ist, empfiehlt es sich, den von Lehmann-Richter und Wobst für die Beschlussfassung baulicher Veränderungen entwickelten „Bau- und Verteilungs-Doppelbeschluss“ auch für moderni­sierende Erhaltungsmaßnahmen anzuwenden. Dabei wird nicht nur die Durchführung der Maßnahme beschlossen, sondern gleichzeitig auch die Verteilung ihrer Kosten auf alle Eigentümer. Die Beschlüsse werden dabei voneinander abhängig gemacht. So wird sichergestellt, dass eine Maßnah­me nur durchgeführt wird, wenn die Kostenverteilung nicht angefochten und für ungültig erklärt wird. Erwachsen die Beschlüsse in Bestandskraft, ist die Kostenverteilung dauer­haft sichergestellt. Auf die Frage der Amortisation, der Ver­hältnismäßigkeit der Kosten oder darauf, ob das Quorum aus § 21 Abs. 1 Nr. 1 WEG tatsächlich erreicht wurde, kommt es dann nicht mehr an.


Beschlussmuster

Ein solche Beschlussfassung könnte dabei beispielsweise lauten:
„Es wird beschlossen, die (defekte) Ölheizung gegen eine Wärmepumpe auf Grundlage des Angebots der Fa. XY vom [Datum] auszutau­schen. Die Kosten und Nutzungen werden auf alle Eigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt. Die Durchführung der Maßnahme hängt von der Bestandskraft des Kostenver-teilungsbeschlusses ab.“

Letzner, Oliver T.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht