08.03.2023 Ausgabe: 2/23

Mietrecht: Schadensersatzberechnung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten

(BGH, Hinweisbeschluss vom 10.5.2022 – Az. VIII ZR 277/20)

Das Thema

Häufig weden Schönheitsreparaturen oder eine Schadensbeseitigung am Ende des Mietverhältnisses nicht durchgeführt, da der Nachmieter die Wohnung sofort beziehen möchte. In diesen Fällen können die Kosten als Schadensersatz nicht aufgrund einer Rechnung endgültig abgerechnet werden. Hier wurden bisher „fiktive ängelbeseitigungskosten“, meist nach einem Angebot einer entsprechenden Fachfirma, dem Schadensersatzanspruch zugrunde gelegt. Mit seiner Entscheidung vom 22. Februar 2018 zum Werkvertragsrecht brachte der VII. Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) Unruhe in die bis dahin herrschende Rechtsprechung, als er die Berechnung eines Schadens nach fiktivenMängelbeseitigungskosten für einen Vorschussanspruch aus Werkvertrag ablehnte. Seither wurde diskutiert, ob die Argumente in der Entscheidung zum Werkvertragsrecht auch auf das Mietrecht übertragbar sind. Der XII. Senat hat dies bereits mit seiner Entscheidung vom 31. März 2021 (Az. XII ZR 42/20) abgelehnt. Nun hatte der VIII. Senat im Wohnraummietrecht Gelegenheit, in einem Hinweisbeschluss Stellung zu nehmen. Aufgrund dieses Hinweisbeschlusses wurde die Revision sodann zurückgenommen.

Der Fall

Nach Ende eines zehn Jahre lang andauernden Mietverhältnisses forderte der Vermieter zur Vornahme bestimmter Schönheitsreparaturen auf. Die Mieter hatten die Wände der Wohnung nach ihrem Einzug bunt gestrichen, sodass Schönheitsreparaturen in jedem Falle erforderlich waren und es nicht auf die Frage ankam, ob die Wohnung renoviert übergeben worden war und die Schönheitsreparaturklausel damit wirksam ist. Die Vermieter hatten den Kostenvoranschlag eines Malerbetriebs eingeholt und Schadensersatz in Höhe des dort ausgewiesenen Betrags verlangt.

Schon die Berufungsinstanz, das Landgericht Köln, hatte argumentiert, dass im Mietrecht, anders als im Werkvertragsrecht, der Schaden weiterhin nach fiktiven ängelbeseitigungskosten berechnet werden kann, da der Vermieter jedenfalls keine Möglichkeit hat, eine Vergütung zu mindern, anders als der Besteller in Werkvertragsrecht, der dieses Instrument hat.

Auch der VIII. Senat des BGH bestätigt diese Argumentation, zumal zwischenzeitlich ein klarstellender Beschluss des VII. Senats zum Werkvertragsrecht – vom 8. Oktober 2020, Az. VII ARZ 1/20) ergangen war. Der VII. Senat hatte im Werkvertragsrecht die fiktive Schadensersatzbeechnung nur für das Werkvertragsrecht, speziell für den Vorschussanspruch des Bestellers zur Mangelbeseitigung abgelehnt. Nur die Besonderheiten dieses Rechtsverhältnisses rechtfertigen die Ablehnung.

Einen vergleichbaren Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses gibt es zwar auch im Mietrecht. Im vorliegenden Fall geht es aber um Schadensersatzansprüche aus einem beendeten Mietverhältnis, in dem die Parteien keinerlei weitere Rechte geltend machen können. Der Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen und sonstiger Schäden kann daher weiterhin nach den fiktiven ängelbeseitigungs-kosten bemessen werden.

Verwalterstrategie

Die BGH-Entscheidung hilft enorm, um eine rasche Weitervermietung von Wohnungen sicherzustellen. Es genügt die Einholung des Angebots einer Fachfirma um die Kosten einklagen zu können. Ein solches detailliertes Angebot sollte jedoch vorliegen, nur auf dieser Basis könnte ein Sachverständiger notfalls im Prozess bewerten, ob die veranschlagten Mengen und Preise angemessen und ortsüblich sind.

Piekut, Dr. Susanne Schießer & Piotr

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungs­eigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com