18.04.2023 Ausgabe: 3/23

Mehr Information, weniger Bürokratie

Was eine Umfrage unter Messdienstleistern zur Umsetzung der novellierten Heizkostenverordnung ergab.

Seit Dezember 2021 ist die novellierte Heizkostenverordnung (HKVO) in Kraft. Immobilieneigentümer und Hausverwaltungen wenden die neuen Regelungen seither an. Doch wie bei Gesetzen üblich, empfiehlt sich die Evaluierung der praktischen Um- setzung. DEUMESS, Verband mittelständischer Messdienstunternehmen, und das Beratungsunternehmen Synectis Consult haben sich dieser Aufgabe angenommen und in einer deutschlandweiten Telefonumfrage 50 namhafte Akteure der Messdienstbranche und Wohnungswirtschaft zu ihren Erfahrungen mit der Umsetzung der HKVO be- fragt. Im Interview sprechen Hartmut Michels, DEUMESS, und Peter Gerhardt, Synectis Consult, über die Ergebnisse der Studie und was sich daraus ableiten lässt.

Wie haben Sie bei Ihrer Telefonumfrage die Bereitschaft der befragten Unternehmen empfunden, sich in diesen doch recht dynamischen Zeiten zu den praktischen Erfahrungen mit der HKVO zu äußern?

Hartmut Michels: Die Bereitschaft, in den Erfahrungs- austausch zu treten, war groß. Nun haben wir mit dem Marktforschungsunternehmen auch einen Dienstleister mit jahrelanger Erfahrung in der Messdienstbranche beauftragt. Die Gespräche fanden demnach auf Augenhöhe statt, was dem inhaltlichen Austausch zugute kam.

Peter Gerhardt: Wir wollten wissen, wie die Branche auf die vielfältigen Änderungen reagiert. Deshalb haben wir die Interviews mit ausgewiesenen Fachleuten über einen Zeitraum von drei Monaten geführt.

Wie steht denn die Branche zur neuen HKVO?

Peter Gerhardt: Das Echo zur novellierten Heizkostenverordnung ist geteilt. Eine große Mehrheit der befrag- ten Unternehmen begrüßt grundsätzlich die Umsetzung der Energieeffizienz-Richtlinie, leistet sie doch gerade in diesen krisenbeladenen Zeiten mit der monatlichen Verbrauchsinformation für Mieter einen wertvollen Beitrag, um den Verbrauch von Heizenergie oder von Warmwasser nachhaltig zu senken.

Hartmut Michels: Die regelmäßige Information zur Entwicklung des Energieverbrauchs schafft mehr Transparenz und die Möglichkeit, das eigene Verbrauchsverhalten anzupassen. Das wird als deutlicher Vorteil der HKVO wahrgenommen. Auch das Vorantreiben der Digitalisierung durch die Installation funkfähiger Geräte wurde positiv bewertet.

Gerade in diesem Bereich musste die Messdienstbranche viel Zeit und Geld investieren – mit Erfolg?

Hartmut Michels: Das geht aus der Umfrage eindeutig hervor. Die Vertreter der Messdienstbranche haben ihre Hausaufgaben zur Einführung der HKVO mehrheitlich erledigt: Die Neuausstattung mit Funktechnik zur Verbrauchserfassung ist nahezu flächendeckend gesichert. Das heißt, die Unternehmen verfügen über ausreichend digitale Messgeräte und Manpower, um den Bedarf zu decken.

Peter Gerhardt: Das gilt auch für die Digitalisierung der Datenprozesse, sprich: die automatisierte Erfassung und Abrechnung, die mehrheitlich umgesetzt ist. Die Messdienstunternehmen haben sich auf die neue Verordnung eingestellt und leisten ihren Beitrag zur Senkung der Verbräuche und zur Energiewende.

Gibt es auch Kritik an der HKVO?

Peter Gerhardt: Die gibt es in der Tat. Die Branche ist sich einig darin, dass der Gesetzgeber gefordert ist, an einigen Stellen nachzubessern und die künftige Umsetzung der HKVO deutlich zu vereinfachen. Denn zum Teil stellt das Gesetz den Marktakteuren große bürokratische Hürden in den Weg, die es zu beseitigen gilt. 90 Prozent der befragten Unternehmen kritisieren den hohen Aufwand, den die unterjährige Verbrauchsinformation (uVi) verursacht. Insbesondere die Pflicht zum Papierversand wurde bemängelt, der enormen Mehraufwand für die Branche bedeutet und letztlich auch die Kosten für Mieter in die Höhe treibt. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Hartmut Michels: Statt die eigentlich angestrebten Vorteile der Digitalisierung zu nutzen, hat die Regierung die Möglichkeit zum postalischen Versand der Unterlagen im Gesetz verankert. Durch die verordnete Mitteilungspflich an die Mieter drucken viele Messdienstunternehmen die Verbrauchsdaten nun auf Papier aus und versenden sie per Post – das konterkariert den Klimaschutz geradezu.

Was fordert die Branche?

Peter Gerhardt: Die befragten Unternehmen haben angeregt, die Mitteilungspflicht in eine Bereitstellungspflicht abzuändern. Denn eines zeigt die Umfrage auch Der Zuspruch und das Verständnis der Mieter, die uVi digital abzurufen und gezielt zum Sparen zu nutzen, ist bislang noch gering. Wir glauben aber nicht, dass Mieter sich dieser Lösung grundsätzlich verweigern.

Hartmut Michels: Der Gesetzgeber ist gefordert, zum einen die Bürokratie in Verbindung mit der Umsetzung der HKVO abzubauen, zum anderen sollte er eine begleitende Informationskampagne für den digitalen Abruf der Verbrauchswerte starten.

Michels, Dipl.-Ing. Hartmut

Der Elektrotechniker ist geschäftsführender Gesellschafter der standata GmbH und seit 2015 Vorstand des DEUMESS e. V., Verband der mittelständischen Messdienstleister.
www.deumess.de

Gerhardt, Peter

PETER GERHARDT
Director Sales & Marketing Eurofins ht-analytik