26.05.2023 Ausgabe: 4/23

Krisenbilanz

Ein Erfahrungsbericht aus der Immobilienbranche über die Aus- und Nachwirkungen der Pandemie

Natürlich war der Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 gesamtgesellschaftlich und somit auch für die Verwalterbranche eine noch nie dagewesene Herausforderung. Zur psychischen Belastung durch die begleitenden Einschränkung kamen vielfach Existenzängste: Ohne Verdienstmöglichkeiten schmolzen auch langjährig erarbeitete Reserven dahin.

Nun, drei Jahre später, da die Pandemie offiziell vorüber ist, zeigt sich, ob und wie das damalige Geschehen bis heute nachwirkt und wie Verwaltungen im Auftrag von Vermietern dazu beitragen konnten, aus der Krise resul­tierende Schäden zu minimieren.

Individuelle Vereinbarungen mit Gewerbemietern

Zu betrachten sind in diesem Zusammenhang vor allem Gewerbeimmobilien der Gastronomie und des Einzelhandels. Um Unternehmen zu schützen und Leerstand zu verhindern, wurden individu­elle Vereinbarungen zu den Objektmieten ge­troffen – von Stundung über Ratenzahlung bis hin zum vollständigen Erlass der Mietzahlung.
Hauptakteure waren da­bei die Verwaltungen, die als Schnittstelle von Ver­mietern und Mietern mit Sachverstand und Em­pathie Lösungen finden und anbieten mussten. 

Die Umstände dieser Zeit haben auch dazu geführt, dass viele Menschen ihre Lebensgewohnheiten verändert haben: Der somit boomende Online-Handel wurde zur ernst­haften Konkurrenz für stationäre Geschäfte – und die immens zunehmenden Mengen von „Abfallprodukten“ aus dem Paketversand mussten auch erst einmal bewältigt werden. Regelmäßige Appelle an die Hausbewohner, mit Verpackungsmüll vernünftig umzugehen, gehörten ständig zum Tagesgeschäft.

Von der Pandemie zur Energiekrise

Rückblickend muss man sagen, dass nicht alle Gewerbe­treibenden die Corona-Krise überwinden konnten, ins­besondere viele Einzelhändler aber zum Glück weiterhin im Markt bestehen. Mit dem Krieg in der Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise stehen viele von ihnen jedoch erneut vor großen Herausforderungen, die sie wieder stark belasten. Weil zudem viele Kunden infla­tionsbedingt weniger Geld ausgeben, haben Gastronomie und Einzelhandel das Umsatzniveau der Zeit vor Corona noch nicht wieder erreicht.

Auswirkungen zeigen sich auch im Privaten: Manche Mieter, die durch die Krise ihren Arbeitsplatz verloren, weil Unternehmen geschlossen wurden, konnten vorü­bergehend keine Miete zahlen. Hier wiederum hat der Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt auch gute Seiten: Wir haben es selbst erlebt, dass solchermaßen Arbeitssuchende sehr schnell wieder in neue Beschäfti­gungsverhältnisse kamen, sodass sie nicht Gefahr liefen, nach dem Auslaufen des gesetzlichen Kündigungsschutzes wegen ihrer Mietrückstände gekündigt oder gar geräumt zu werden. Stattdessen konnten Zahlungsrückstände durch Ratenvereinbarungen ausgeglichen werden – die staat­lichen Hilfen haben in diesem Fall ihren Zweck voll erfüllt.

Pruss, Sylvia

Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Immobilienverwalter Berlin-Brandenburg