08.12.2023 Ausgabe: vdivDIGITAL 2023/2

Immobilienwirtschaft

Deutschland muss in vielen Bereichen digitaler werden. Im Koalitionsvertrag der Bundesregie­rung kommt das Adjektiv „digital“ insgesamt 226 Mal vor. Die öffentliche Verwaltung und Behör­den sollen dahingehend revolutioniert werden. Auch für Immobilienverwaltungen ist dies ein Thema von zuneh­mender Bedeutung. Ein Kurzüberblick über die Neuerun­gen, die für die Branche anstehen.

2021 hat die Regierung im Koalitionsvertrag versprochen, die Planung und Genehmigung in der Bauwirtschaft zu beschleunigen. In Angriff genommen wurde bislang nur der digitale Bauantrag. Der Grundbuchauszug ist weiterhin nur analog zu haben. Durch serielles Bauen und Digitalisie­rung sowie Entbürokratisierung sollten die Kosten für den Wohnungsbau gesenkt werden. Bislang bleibt dies Theorie.

Laut Koalitionsvertrag sollte außerdem der digitale Gebäuderessourcenpass eingeführt werden – mit dem Ziel, einen auf den gesamten Lebenszyklus bezogenen nachhaltigen Ansatz beim Bauen und Sanieren zu verfol­gen. Eigentümern von Bestandsimmobilien kann er Auf­schluss über die tatsächlich verwendeten Materialien im Gebäude geben und damit auch als Entscheidungsgrund­lage bei der Planung von energetischen Maßnahmen dienen. Den digitalen Gebäuderessourcenpass jedoch bleibt die Regierung aber genau wie die Einführung des kostenlosen individuellen Sanierungsfahrplans für Eigentümergemein­schaften weiter schuldig. Einige gute Nachrichten gibt es dennoch.

Die virtuelle Eigen­tümerversammlung

Laut dem Regierungs­entwurf von September 2023 soll die rein virtu­elle Wohnungseigen-tümerversammlung als dritte Option künftig möglich werden. Woh­

nungseigentümerinnen und -eigentümer könnten diese Versammlungsform mit Dreiviertelmehrheit der abgege­benen Stimmen beschließen. Der Beschluss würde dann für drei Jahre gelten.

Die virtuelle Versammlung stellt das letzte fehlende Ele­ment digitaler Möglichkeiten dar und wird die notwendige Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft ein wichtiges Stück voranbringen. Hinsichtlich der Teilnahme und Rech-teausübung bleibt die virtuelle Versammlung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar, § 23 IIa 2 Wohnungs-eigentumsgesetz Referenten-Entwurf.

Das Argument von Kritikern, dass durch die virtuelle Ver­sammlung ältere oder bildungsschwache Menschen aus­geschlossen werden, erweist sich in der Praxis als nicht zutreffend. Der durch die Pandemie beschleunigte Digi-talisierungsschub erfasst nahezu alle Bereiche des Lebens. Ältere nutzen digitale Kommunikationsmittel, Streaming-Dienste etc. genau wie jüngere Menschen. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen zudem deutlich, dass die Teilnahme an virtuellen Versammlungen merklich zugenommen hat. Das aktuelle Branchenbarometer 2023 belegt darüber hinaus, dass Immobilienverwaltungen diese Versamm­lungsform wünschen.

Der vorliegende Regierungsentwurf reagiert insofern auch auf gesellschaftliche Veränderungen wie den Fachkräf­temangel. Kleinere Wohnungseigentümergemeinschaf-ten haben schon jetzt Schwierigkeiten, eine qualifizierte Verwaltung zu finden. Die Möglichkeit, Eigentümerver­sammlungen auch virtuell abzuhalten, könnte hier Abhilfe schaffen. Sie sind leichter zu organisieren und könnten auch zu üblichen Bürozeiten stattfinden, was für Mitarbei­tende deutlich attraktiver ist als die bisherigen Abendveran­staltungen in Präsenz. Die virtuelle Versammlung eröffnet auch die Chance, Entscheidungen, etwa zu energetischen Sanierungsvorhaben, schneller durchzuführen.

Der digitale Bauantrag

Bauanträge waren lange eine rein analoge Angelegenheit. Die am Computer erstellten Pläne wurden ausgedruckt und in Ordnern den Ämtern vorgelegt. Nun kommt Schwung in die Vorhaben: Bauherren und Architekten sollen sol­che Anträge in Kürze komplett online stellen können. Die Ämter greifen dann elektronisch auf die Akten zu, prüfen Unterlagen, arbeiten die Genehmigungsschritte ab und erteilen schließlich die Genehmigung mit elektronischem Siegel. Ziel des digitalen Verfahrens ist es, Zeit und Geld zu sparen. „Digital geht alles schneller,“ kommentierte Bun­desbauministerin Klara Geywitz (SPD) bei der Vorstellung im Frühjahr 2023 das Vorhaben.

Bis Ende 2023 soll der digitale Bauantrag in etwa 500 von 851 Behörden der unteren Bauaufsicht verfügbar sein. Grundlage ist ein System, das das Land Mecklen­burg-Vorpommern nach dem Prinzip „einer für alle“ entwickelt und den übrigen Bundesländern angeboten hat. Das Land wurde vom Bund damit beauftragt. Als Pilotprojekt wurde die „digitale Baugenehmigung“ im Mai 2019 im Landkreis Nordwestmecklenburg gestar­tet. Seit Januar 2021 werden Bauanträge dort vollstän­dig digital bearbeitet.

Neun Bundesländer haben das System übernommen. Bay­ern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen und Thüringen haben parallel eigene Lösungen entwickelt. „Das bedeutet, es existieren von Beginn an unterschiedliche Plattformen, auf denen Bauherren, Bauunternehmen und Architekten ihre Unterlagen hochladen. Besser wäre es gewesen, die Länder hätten sich auf ein einheitliches Format verständigt,“ kritisierte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zen­tralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB), das Vorgehen.

Smart-Meter-Gesetz

Im Mai 2023 hat der Bundesrat das Gesetz der Bundesregie­rung zum Neustart der Digitalisierung verabschiedet. Intelli­gente Strommessgeräte sollen beschleunigt flächendeckend installiert werden. Das Gesetz sieht für den Smart-Meter-Rollout einen verbindlichen Zeitplan vor: Ab 2025 ist der Einbau für Verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch ab 6.000 bis 100.000 Kilowattstunden verpflichtend sowie für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen mit installierter Leistung ab sieben bis 100 Kilowatt. Bis Ende 2030 sollen mindestens 95 Prozent dieser Abnehmer mit Smart Metern ausgestat­tet sein. Auch Haushalte mit geringerem Verbrauch haben das Recht auf den Einbau eines digitalen Stromzählers. Die jährlichen Kosten für den Betrieb der Smart Meter werden für normale Haushaltskunden und Kleinanlagenbetreiber auf 20 Euro pro Jahr gedeckelt. Schon ab 2025 müssen Strom­versorger verpflichtend dynamische Tarife anbieten. Damit können Verbraucherinnen und Verbraucher Strom dann nutzen, wenn er preiswert ist und aus erneuerbaren Ener­gien erzeugt wird. Das Gesetz beinhaltet auch umfangreiche Auflagen zu Datenschutz und Datensicherheit sowie Vorga­ben zu deren Speicherung, Löschung und Anonymisierung.

Smart Meter messen den Stromverbrauch oder die ein­gespeiste Strommenge und protokollieren auch Span­nungsausfälle. Mit diesen Informationen können die Netzbetreiber die Netzauslastung besser überwachen und die Erzeugung anpassen. Die gesetzliche Neurege­lung war notwendig, um die Einführung der Smart Meter zu beschleunigen. Der Roll-out lief bislang schleppend.

Christina, Bicking

Referentin Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
VDIV Deutschland