18.04.2023 Ausgabe: 3/23

Geht doch!

Wie sich sinnvolle Ladelösungen für E-Fahrzeuge im Bestand nachrüsten lassen. Ein Projektbericht.

Lässt sich eine skalierbare Ladelösung für E-Fahrzeuge in einem dafür nicht vorbereiteten Bestandsgebäude kosteneffizient umsetzen? Ja. Das zeigt das "Projekt Watzmannstraße" im Norden Münchens. Dafür haben das unabhängige Planungsbüro Frequentum und der Energieversorger Montana gemeinsam ein Konzept entwickelt, das problemlos für zusätzliche Nutzer erweiterbar ist und so dazu beiträgt, die Attraktivität der Liegenschaft langfristig zu erhalten.

Die Ausgangssituation

17 der insgesamt 46 Wohnparteien eines Mehrfamilienhauses im Norden Münchens traten mit dem Wunsch, private Ladestationen in der Tiefgarage zu installieren, an die Hausverwaltung heran. Die Herausforderung: Obwohl das Gebäude relativ jung ist, wurde bauseitig bei der Elektroplanung keine Ladeinfrastruktur vorgesehen. So musste in der Tiefgarage nun zunächst eine geeignete Basistechnik geplant werden, um für jeden Stellplatznutzer die gleichen Anschlussbedingungen zu schaffen. Das Projekt hatte damit gleich mehrere Zielsetzungen zu erfüllen:

Nachträgliche Planung und Realisierung einer Basisinstallation für eine Ladeinfrastruktur in der Tiefgarage des Mehrfamilienhauses

Gewährleistung des sicheren Betriebs und Vermeidung der Überlastung des Stromanschlusses durch ein passendes Lastmanagement-System

Vermeidung von Wildwuchs durch selbst installierte Ladepunkte

Entwicklung einer kosteneffizienten, einheitlichen und zukunftsfähigen Lösung für alle Eigentümer, die skalierbar und auch auf weitere Liegenschaften übertragbar ist

Kick-off: die individuelle Betrachtung

Nachdem die Hausverwaltung drei Vergleichsangebote eingeholt hatte, ging der Zuschlag an das Planungsbüro Frequentum, mit dem Montana im Bereich E-Mobilität kooperiert. Überzeugt hatte das Angebot, in dem mögliche Umsetzungsweisen evaluiert und miteinander verglichen wurden, sowie ein Entwurfskonzept, das passgenau auf die Anforderungen der Liegenschaft zugeschnitten werden kann.

Gebäudecheck: physische und technische Gegebenheiten

Im nächsten Schritt analysierten die Kooperationspartner bei einer Begehung vor Ort die Gebäudeinfrastruktur der Liegenschaft. Bei diesem Gebäudecheck wurden die physischen und technischen Gegebenheiten der Tiefgarage und der angrenzenden Technikräume genauestens untersucht, ausgewertet und auf die Eignung für den Aufbau einer Ladestruktur geprüft. An die technische Machbarkeitsanalyse anschließend erfolgte die ganzheitliche Detailplanung, die Lade- und Abrechnungskonzepte, Ausbaustufen, Zeit und Kostenaufwand berücksichtigt. Ebenfalls bereits in die Planung miteinbezogen wurden die Aspekte Erweiterbarkeit, faire Kostenverteilung und rechtliche Rahmenbedingungen.

Die Lösung: ein individuelles Ladekonzept

Im Anschluss an die Machbarkeitsanalyse erfolgte die technische Umsetzung: Ein Lastmanagement ermöglicht es, die vorhandene Leistung auf alle Ladepunkte gleichmäßig zu verteilen, und verhindert die Überlastung des Stromnetzes im Gebäude. Das verlangsamt zwar etwas den Ladevorgang, der aber ohnehin meist nachts stattfindet, wenn E-Fahrzeuge nicht genutzt werden, sodass die Mobilität nicht eingeschränkt wird.

Als technisch geeignet empfahlen sich intelligente Wallboxen mit einer Maximalleistung von jeweils elf kW und integriertem Zugriffsschutz. Die Anbindung der einzelnen Wallboxen an den neu geschaffenen E-Mobility-Zählpunkt erfolgte über eine Stromschiene. Das Installationskonzept sowie die leistungs- und leitungstechnische Planung der einzelnen Ausbaustufen wurde dem zuständigen Netzbetreiber zur Prüfung und Zulassung eingereicht.

Ergebnis: Kosten, Nutzung, Abrechnung

Die Installation der Basisstruktur kostete rund 35.000 Euro, die sich auf alle Stellplätze der Tiefgarage verteilen. Getragen werden die Kosten zunächst von den 17 Fahrzeughaltern, die die Installation wünschten. Ihre Ersteinlage beläuft sich auf zunächst jeweils rund 2.000 Euro. Kommen künftig weitere E-Fahrzeughalter hinzu, reduziert sich die Einlage der 17 „Pioniere“ entsprechend. Sind perspektivisch irgendwann alle Stellplätze an die Basisstruktur angeschlossen, wären es für jeden Stellplatzbesitzer in der Tiefgarage nur circa 800 Euro.

Sowohl der Kauf einer Wallbox als auch die Installation der einzelnen Wallboxanschlüsse fallen in die Verantwortlichkeit der Nutzer. Das heißt, die E-Fahrzeughalter müssen ihre Wallbox von einem Elektriker nach Konzeptvorgabe an die Basis-Ladeinfrastruktur anschließen lassen.

Der Stromverbrauch der Wallboxen wird über einen zentralen E-Mobility-Zählpunkt gemessen. Jede Wallbox, die vom Fahrzeughalter per Ladekarte freigeschaltet werden kann, verfügt über einen integrierten der Europäischen Messgeräterichtlinie (MID) entsprechenden Zähler, der über ein Display von außen abgelesen werden kann. Einmal jährlich liest der Beirat die Zählerstände der Wallboxen ab und übermittelt sie an die Immobilienverwaltung. Die Abrechnung erfolgt mit der Jahresabrechnung.

Gespeist wird der E-Mobility-Zählpunkt über einen speziellen Autostromtarif von Montana aus 100 Prozent Ökostrom. Da der Netzbetreiber die Stromversorgung kurzfristig drosseln darf, um das Netz zu entlasten, belohnt er E-Fahrzeughalter mit reduzierten Netzentgelten. Den übrigen Garagennutzern mit konventionellen Fahrzeugen wie auch der Eigentümergemeinschaft entstehen durch dieses Ladekonzept keine Kosten, da die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich gesehen als „Gestatter“ und nicht als „Durchführer“ auftritt. Für die Installation einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur-Basis kann mit einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen gerechnet werden.

Die Gesetzesgrundlage: der Gestattungsanspruch

Seit 1. Dezember 2020 haben Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) und Mieter Anspruch auf die Gestattung des Einbaus einer privaten Ladestation an ihrem Stellplatz auf eigene Kosten. Neben der Anbringung einer Wallbox berücksichtigt dieser Anspruch auch das Verlegen von Leitungen und Eingriffe in die Stromversorgung. Die Eigentümergemeinschaft kann die dafür erforderlichen Maßnahmen nicht ablehnen, sie bestimmt aber über die Art der Durchführung der Baumaßnahme.

Madir, Linda

Vertriebsleiterin MONTANA
Energieversorgung GmbH & Co. KG
 www.montana-energie.de