18.10.2023 Ausgabe: 7/23

Den Immobilienwert beleihen

Umkehrhypotheken sind ein Möglichkeit, energetische Sanierungen zu finanzieren.

In den kommenden Jahren stehen in vielen Woh-nungseigentümergemeinschaften energetische Sanierungen an. So dringend notwendig sie sind, in Eigentümergemeinschaften steht mit ihnen immer auch die Finanzierungsfrage im Raum. Vor allem für Senioren wird sie oft zur Herausforderung, da ihr Kapital größtenteils im Wohn­eigentum gebunden ist und herkömmliche Kreditoptionen der Banken aufgrund langer Laufzeiten für sie nur selten verfügbar sind. Was energetische Sanierungen auf lange Sicht zudem unumgänglich macht, sind die u. a. mit der CO2-Bepreisung steigenden Heizkosten und die Tatsache, dass der energetische Zustand zunehmend den Wert einer Immobilie bestimmen wird.

Umkehrhypotheken in Großbritannien und den USA

In Großbritannien und den USA sind Umkehrhypotheken (Englisch: Reverse Mortgage) bei älteren Menschen ein häufig genutztes Verfahren, um gebundenes Vermögen frei­zusetzen, ohne Wohneigentum verkaufen oder gar ausziehen zu müssen. Dabei wird ein Teil der Immobilie von der Bank beliehen und als Kredit ausgezahlt. Anfallende Zinszahlungen summieren sich mit der Zeit auf die Kreditsumme, ohne dass Tilgungen oder Zinszahlungen vorgenommen werden. Erst bei Auszug aus der Immobilie oder im Todesfall wird der Kredit fällig, der dann von den Erben oder durch Verkauf der Immobilie beglichen werden kann.

Die Situation in Deutschland

In Deutschland sind Umkehrhypotheken aus verschiedenen Gründen nicht verfügbar: Zum einen ist das deutsche Renten­system vergleichs weise stabil und bietet eine gewisse finanzielle Sicherheit im Alter. Zum anderen erfordert das Zinseszinsverbot, dass Banken komplexere Ansätze für Umkehrhypotheken mit Sicherheitsabschlägen entwickeln. Darüber hinaus ist die Eigentümerquote in Deutschland vergleichsweise niedrig und kulturbedingt sind Bedenken verbreitet, eine bereits abbezahlte Immobilie erneut zu beleihen. Seit einigen Jahren bieten die Allianz Lebensversicherung AG sowie einige Sparkassen jedoch ein vergleichbares Produkt für ältere Menschen mit Immobi­lienbesitz an. Voraussetzung ist eine lastenfreie Immobilie, die vom Eigentümer bewohnt wird. Bis zu 40 Prozent des Immobilienwerts können als Kredit zu den üblichen Zinssätzen ausgezahlt werden. Im Gegensatz zur Umkehrhypothek werden diese Zinsen jedoch monatlich vom Kreditnehmer beglichen, wodurch die Kredithöhe konstant bleibt und nicht wie bei der Umkehrhypothek anwächst. Getilgt wird der Kredit erst, wenn Eigentümer aus ihrer Immobilie ausziehen oder versterben.

Ausblick

Produkte wie diese können ein wichtiges Puzzleteil der Finanzierung von umfangreichen energetischen Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften sein. In einer alternden Gesellschaft ist es wichtig, solche Finanzierungs­modelle weiterzuentwickeln, damit Sanierungen aus dem Wert bzw. der Wertsteigerung der Immobilie finanziert werden können.


Über GREEN Home

GREEN Home ist ein EU-finanziertes Kooperationsprojekt mit dem VDIV Deutschland im Vorsitz – und dem Ziel, die energetische Sanierungsquote in Wohnungseigen-tümergemeinschaften zu steigern. Dazu sollen u. a. Finan­zierungsinstrumente und -modelle entwickelt werden. In Deutschland liegt die Sanierungsquote der sich im Besitz von Eigentümergemeinschaften befindenden Mehrfamilienhäuser deutlich unter dem Bundesdurchschnitt der Gebäude. Um das europäische Ziel des klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 zu erreichen, muss sich hier etwas ändern. Weitere Informationen: www.green-home.org 

Haßel, Oswin