11.03.2024 Ausgabe: 1&2/24

Kommt sie, oder kommt sie nicht?

Zum Stand der Gesetzgebung zur Ermöglichung virtueller Eigentümerversammlungen

Seit Dezember 2020 kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschließen, dass Eigen­tümer an Versammlungen auch ohne physische Anwesenheit vor Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektro­nischer Kommunikation ausüben können. Die sogenannte Hybrid-Eigentümerversammlung erfreut sich bis heute keiner besonderen Beliebtheit, da einige organisatorische Hürden bestehen und Verwaltungen sie in Präsenz- und Hybridform vorbereiten und durchführen müssen.

Die rein virtuelle Eigentümerversammlung

 ist insbesondere dem VDIV Deutschland zu verdanken, dass die mit Nachdruck geforderte Einführung der „reinen“ Online-Eigentümerversammlung Eingang in einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung gefunden hat. Der Entwurf (BR-Drs. 508/23) vom 13. Oktober 2023 sieht folgende Regelung vor: „Die Wohnungseigentümer können mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigen­tümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerver-sammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein.“

In einer Stellungnahme des Bundesrates vom 24. November 2023 (BR-Drs. 508/23 – Beschluss) hält die Länderkammer es jedoch für erforderlich, dass anstatt der mindestens drei Viertel aller abgegebenen Stimmen Einstimmigkeit vorgesehen werden sollte – hilfsweise zumindest eine Regelung geschaffen wird, wonach auf Antrag schon eines Eigentümers die Versammlung als hybride Versammlung durchzuführen ist.

Einstimmigkeit vs. Allstimmigkeit

Der Vorschlag der Einstimmigkeit ist allerdings irreführend, denn das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kennt grundsätzlich, z. B. beim Umlaufbeschluss gemäß § 23 Abs. 3 S. 1, nur die Allstimmigkeit, d. h. sämtliche bzw. alle Wohnungseigentümer müssten der Einführung einer Online-Eigentümerversammlung zustimmen. Einstimmigkeit bedeutet hingegen, dass auch dann, wenn von 100 Wohnungseigentümern nur zehn an der Versammlung teilnehmen und diese zehn Wohnungseigentümer alle mit „Ja“ stimmen, ein einstimmiger Beschluss vorliegt.

Es ist also naheliegend, dass der Bundesrat nur die Allstimmigkeit meinen kann, was dazu führen würde, dass es in der Praxis quasi keine virtuellen Eigentümer­versammlungen geben kann, weil die Allstimmigkeit so gut wie nie erreicht werden wird. Auch eine Regelung, wonach auf Antrag eines Eigentümers die Versammlung in Hybridform stattfinden muss, ist völlig unpraktikabel, zumal mit einer solchen gesetzlichen Regelung viele weitere Fragen und Probleme auftreten, etwa bis wann ein solcher Antrag eingereicht werden muss etc.

Aktuell ist allerdings davon auszugehen, dass die Bundes­regierung an dem ursprünglichen Gesetzesentwurf festhalten wird und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die neue Beschlusskompetenz – übrigens zusammen mit der Privilegierung von Steckersolargeräten – in das Wohnungseigentumsgesetz eingeführt wird.

Füllbeck, Massimo

Fachtrainer an der EBZ Akademie für Immobilienverwaltung