18.04.2023 Ausgabe: 3/23

Beschlossene Sache oder Pflicht?

Das ist beim Abschluss von Versorgungsverträgen für Energien wie Strom, Gas und Heizöl vor dem Hintergrund der aktuellen Preisentwicklung zu beachten.

Die abklingende Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Umsetzung der Klimaschutzziele durch die CO2-Abgabe lassen die Preise für Strom, Gas und Heizöl auf breiter Front steigen. Betroffen hiervon sind nicht nur Neuverträge, die oft nur noch mit äußerst kurzer Annahmefrist angeboten werden, sondern auch bestehende Verträge ohne oder mit bereits abgelaufener Preisbindung, bei denen es zu Preisanpassungen durch den Versorger kommt.

Verwaltungen müssen oft schnell reagieren

In beiden Fällen müssen Verwaltungen schnell reagieren, sei es, um ein nur kurzfristig gültiges Angebot wahrzunehmen oder um das bei einer Preiserhöhung im laufenden Vertrag bestehende Sonderkündigungsrecht auszuüben.

Die Einholung eines Beschlusses ist wegen der – nach derzeitiger Rechtslage – dafür erforderlichen physischen Eigentümerversammlung meist zu aufwendig und kostet zu viel Zeit. Andererseits will man sich als Verwalter auch nicht dem Vorwurf der Eigentümer aussetzen, einen für die Gemeinschaft ungünstigen Vertrag geschlossen oder einen bestehenden unnötig gekündigt zu haben, wenn sich später herausstellt, dass der Verbleib beim bisherigen Versorger oder das Zuwarten auf ein besseres Angebot günstiger gewesen wäre.

Energieversorgung ist Aufgabe der Gemeinschaft

Die Energieversorgung der gemeinschaftlichen Anlage ist Aufgabe der Gemeinschaft. Sie schließt hierzu entsprechende Lieferverträge ab. Im Verhältnis gegenüber Versorgungsunternehmen wird sie hierbei durch die Verwaltung vertreten. Sich darum zu kümmern, gehört also zu den Verwalterpflichten.

Gesetzliche Handlungsbefugnisse des Verwalters unklar

Ob und in welchem Umfang Verwaltungen im Innenverhältnis gegenüber den Eigentümern jedoch auch berechtigt sind, derartige Verträge selbstständig abzuschließen, anzupassen oder zu kündigen, richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen oder geltenden Beschlüssen der Gemeinschaft.

Der durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) eingeführte § 27 I WEG berechtigt und verpflichtet Verwalter für die Gemeinschaft auch ohne vorherigen Beschluss zu solchen Maßnahmen, die nur untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder die zur Wahrung einer Frist oder Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. Diese Rechte und Pflichten des Verwalters können durch einen Beschluss nach § 27 II WEG eingeschränkt oder erweitert, d. h. näher definiert, werden.

Der Abschluss, die Anpassung oder Kündigung von Energieversorgungsverträgen fällt daher nicht nur in den Aufgabenbereich der Verwaltung, sondern kann – abhängig von den jeweiligen Umständen – auch von deren gesetzlicher Handlungskompetenz umfasst sein. Eines Beschlusses bedarf es in diesen Fällen dann nicht.

Beschluss zur Festlegung der Verwalterbefugnisse empfehlenswert

Da rechtlich bislang jedoch weder verlässlich geklärt ist, wann eine Maßnahme nur untergeordnete Bedeutung hat, noch, wo die Grenze ist, ab der erhebliche Verpflichtungen für die
Gemeinschaft entstehen, ist der – jederzeit abberufbare – Verwalter gut beraten, von der ihm durch das Gesetz eingeräumten Befugnis nur sparsam Gebrauch zu machen, auch wenn die Laufzeiten von Versorgungsverträgen oft kurz und die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Anbietern nicht erheblich sind. 

Um sich einerseits die erforderliche Handlungsfreiheit für ein oftmals notwendiges kurzfristiges Reagieren bei Energieversorgungsverträgen zu verschaffen, andererseits aber gegenüber den Eigentümern auch abgesichert zu sein, bietet sich der Weg über einen Beschluss nach § 27 II WEG an.

Im Rahmen einer solchen Beschlussfassung können die internen Handlungsbefugnisse eines Verwalters im Zusammenhang mit dem Abschluss, der Anpassung oder Kündigung von Versorgungsverträgen definiert werden, um so für beide Seiten Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen.

Ein solcher Beschluss ist selbstverständlich im Einzelfall an den Bedarf und die Vorstellungen der jeweiligen Gemeinschaft und Eigentümer anzupassen und kann auf einzelne Energieträger begrenzt oder auf alle in der gemeinschaftlichen Anlage vorhandenen erweitert werden, wobei dann sinnvollerweise für jede Energieart passende Obergrenzen zu verwenden sind. Möglich ist es auch, der Verwaltung eine pauschale Befugnis ohne Begrenzungen einzuräumen.

Regelung der Befugnisse im Verwaltervertrag nicht ratsam

Schon aus Gründen der Transparenz ist es nicht ratsam, derartige Bestimmungen in den Verwaltervertrag aufzunehmen. Er sollte in erster Linie der Regelung der Vergütung vorbehalten bleiben. Der Inhalt des Verwaltervertrages wird im Regelfall weder in die Beschlusssammlung der Gemeinschaft aufgenommen, noch werden derartige in ihm enthaltene Bestimmungen – obwohl sie Beschlusscharakter haben – vor der Beschlussfassung ordnungsgemäß angekündigt worden sein.

Fazit

Die Versorgung der gemeinschaftlichen Anlagen mit Energie ist Aufgabe der Gemeinschaft und damit der Verwaltung. Die Verwaltung ist als gesetzliche Vertretung der Gemeinschaft im Außenverhältnis zu Abschluss, Anpassung und Kündigung von Versorgungsverträgen unbeschränkt befugt. Gegenüber der Gemeinschaft ist die Handlungsbefugnis der Verwaltung aber auf Maßnahmen untergeordneter Bedeutung, die zu keinen erheblichen Verpflichtungen führen, beschränkt. Aufgrund der Auslegungsbedürftigkeit dieser Begriffe empfiehlt es sich, die Handlungsbefugnisse der Verwaltung durch Beschluss – nicht im Verwaltervertrag – zu konkretisieren.


Beschlussmuster

Ein Beschluss nach § 27 II WEG könnte lauten: „Die Eigentümer beschließen zur Konkretisierung der dem Verwalter nach § 27 I Nr. 1 WEG obliegenden Rechte und Pflichten, dass hierzu auch, aber nicht ausschließlich, gehören: Der Abschluss, die Anpassung und die Kündigung von Verträgen zur Versorgung der Gemeinschaft mit [Storm, Gas, etc.] bis zu einem Grundpreis von xx,xx Euro/mtl. und einem Arbeitspreis bis zu xx,xx Cent/kWh sowie einer Laufzeit von maximal zwei Jahren.“

Letzner, Oliver T.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht