09.09.2023 Ausgabe: 6/23

Alles neu macht der Juni

Die neue Trinkwasserverordnung und was sich mit ihr tatsächlich ändert

Nachdem die neue Trinkwasserverordnung (TrinkwV) bereits im März dieses Jahres im Bundesrat beschlossen worden war, dauerte es nunmehr bis zum 24. Juni, bis die Neu­fassung durch Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten konnte.

Wer die novellierte Fassung vor sich hat, wird mit Er­staunen feststellen, dass sich die Zahl der Paragraphen auf den ersten Blick deutlich vervielfacht hat – was aber ändert sich nun wirklich?

Neue und verschärfte Grenzwerte

Für Verwaltungen oder Eigentümer einer Immobilie kann die Antwort klar heißen: wenig. Wesentliche Änderungen betreffen beispielsweise für Per- und polyfluorierte Alkyl-verbindungen (PFAS) neu hinzugekommene oder auch verschärfte Grenzwerte, etwa für Blei, Arsen und Chrom, die in der neuen TrinkwV aktualisiert worden sind. Die ent­sprechenden Untersuchungspflichten, z. B. für PFAS, liegen hier allerdings größtenteils bei den Wasserwerken und betreffen private Eigentümer kaum. Insbe­sondere in Bezug auf die Legionellenuntersuchung ist festzustellen, dass der „Technische Maßnah­menwert,“ der festlegt, ab wann eine Trinkwasserin­stallation als kontaminiert gilt, nunmehr bereits bei Erreichen von 100 kolo-niebildenden Einheiten (KBE) greift. Von zentra­ler Bedeutung ist dieser Wert, da er alle folgenden Dekontaminationsmaßnahmen auslöst und hierdurch unmittelbare Pflichten für Eigentümer bzw. Verwaltungen eines kontaminierten Objekts entstehen. Diese sind wie bisher: Information aller betroffenen Bewohner, Durch­führung weitergehender und Nachuntersuchungen an mehreren Stellen in der Trinkwasserinstallation, Erstellung einer Gefährdungsanalyse, Sofortmaßnahmen zur direkten Gefahrenabwehr der Bewohner, beispielsweise durch thermische oder chemische Desinfektionen der Instal­lation, sowie Umsetzung etwaiger begleitender Maßnah­men wie Ausstattung der Wohnungen mit Duschfiltern.

Neue Begrifflichkeiten

Veränderungen gibt es auch bei vielen bekannten Be-grifflichkeiten. Eigentümer oder die Verwaltung eines Gebäudes werden nicht mehr als „UsI“ (Unternehmen oder sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsan­lage) bezeichnet, sondern künftig als „Betreiber einer Gebäudewasserversorgungsanlage“. Was vielfach zu Missverständnissen führt, sind die neu eingeführten Bezeichnungen „Betreiber einer zentralen Wasserver­sorgungsanlage“ sowie „Betreiber einer dezentralen Wasserversorgungsanlage“. Sie ersetzen die bisherigen „Zentralen Wasserwerke“ und „Dezentralen kleinen Was­serwerke,“ die deutlich machten, dass die Wasserversor-ger/Stadtwerke bzw. Hausbrunnen gemeint sind und nicht etwa zentrale bzw. dezentrale Trinkwasserinstallationen in Gebäuden. Auch der Begriff „Gefährdungsanalyse“ für das verpflichtend umzusetzen­de Gutachten einer Trinkwasser­installation soll sich wandeln und wird als „schriftliche Risiko­abschätzung“ geführt.

Bis auf die semantische Ver­einheitlichung dieser Be-grifflichkeiten mit anderen Verordnungen und Empfeh­lungen vonseiten des Umwelt­bundesamtes (UBA) hat diese sprachliche Aktualisierung zu­nächst keinerlei Auswirkung auf die jeweiligen Rechte und Pflichten, und auch die weiteren ergänzend zur TrinkwV ausfüh­renden Normen und Richtlinien – bspw. das Arbeitsblatt W551 des Deutschen Ver­eins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) für die Beurteilung und Maßnahmenableitung bei hohen und extrem hohen Legionellenkontaminationen – behalten ihre Gültigkeit.

Aus für Bleirohrleitungen

Die erneute Herabsetzung des Grenzwerts für Blei ergänzend, gilt nunmehr eine Austausch- bzw. Still­legungspflicht für Bleileitungen in Trinkwasserinstal­lationen bis 12. Januar 2026. Wenngleich nur noch die wenigsten Gebäude tatsächlich Bleileitungen enthalten, können jedoch auch verzinkte Stahlrohre Blei abgeben und im Einzelfall den sehr niedrigen Bleigrenzwert reißen. In entsprechenden Installationen bietet sich eine chemische Kaltwasseruntersuchung auf Blei an, möglicherweise auch im Rahmen der orientierenden Legionellenuntersuchung.

Grundsätzlich deutet auch die neue Fassung der TrinkwV auf eines hin: Dem Thema sauberes und keimfreies Trink­wasser wird auch in den kommenden Jahren entscheidende Bedeutung zukommen.

 

Mertens, Maximilian

Geschäftsführer DIWA - Institut für Wasseranalytik GmbH