08.12.2023 Ausgabe: vdivDIGITAL 2023/2

Alles im Blick?

Welche datenschutzrechtlichen Regelungen sind bei der Videoüberwachung von Objekten und Liegenschaften zu beachten?

Eines der Lieblingsthemen der Aufsichtsbehörden ist die Videoüberwachung. Bilder aus Videoauf­nahmen sind nämlich personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), denn sie enthalten bei Erkennbarkeit der abge­bildeten Person Informationen, mit denen eine natürliche Person identifiziert werden kann. Beim Aufnehmen und Speichern dieser Bilddaten handelt es sich um Verarbei­tungsprozesse. In diesem kurzen Beitrag geht es um die Voraussetzungen einer Videoüberwachung.

Wann ist Videoüberwachung erlaubt?

Da es keine spezielle Regelung gibt, ist die Videoüber­wachung durch private Verantwortliche an der Rechts­grundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu messen. Sie muss daher zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sein, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

Der Zweck, sein Eigentum vor Einbruch oder Vandalis­mus zu schützen oder auch der Schutz von Personen, ist grundsätzlich ein berechtigtes Interesse zur Video­überwachung.

Dazu muss eine tatsächliche aktuelle Gefährdungslage bestehen, d. h. das berechtigte Interesse muss tatsächlich und gegenwärtig sein. Als Indizien für eine tatsächliche Gefährdungslage können Einbrüche, Einbruchsversuche, Schäden oder sonstige schwere Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit gelten. Gefährdungslagen können auch bestimmten Orten innewohnen, z. B. Juweliergeschäften, Lagern mit wertvoller Ware oder Tankstellen, die generell häufig von Überfällen betroffenen sind. Möglich ist auch das Bestehen einer Gefahrenlage durch konkrete Erfah­rungen aus der näheren Nachbarschaft, wenn dort bereits Schäden aufgetreten sind. Nicht ausreichend ist dem­gegenüber aber ein bloßer Verweis auf eine allgemeine Kriminalitätsstatistik ohne Bezug zum Objekt.

Der Zweck heiligt die Mittel

Abzuwägen ist, ob es alternative Maßnahmen gibt, die weniger stark in die Rechte der betroffenen Person eingrei­fen als die Videoüberwachung. Hier muss z. B. unterschie­den werden zwischen Überwachung und Aufzeichnung. Wenn die Videoüberwachung nur zu dem Zweck durch­geführt wird, Straftaten zu verhindern, dann wäre die reine Aufzeichnung von Bilddaten nicht geeignet, weil sie die Straftat nicht verhindern kann. Erforderlich wäre in sol­chen Fällen vielmehr die Beobachtung in Echtzeit, damit Bewachungspersonal im Falle einer Straftat unmittelbar einschreiten kann.

Aufzeichnungen können aber dann ein geeignetes Mittel sein, wenn die Videokamera (auch) präventiv zur Abschre­ckung möglicher Straftäter oder zur Beweissicherung und zur Täteridentifikation eingesetzt werden soll.

Vor der Verwendung von Videoinstallationen muss des Weiteren geprüft werden, ob andere Maßnahmen mög­lich, zumutbar- und ggf. ebenso geeignet sind, um den Objektschutz herzustellen. In Betracht kommen Siche­rungsmaßnahmen durch Umzäunung, allgemeine Zugangssicherungen, z. B. durch intakte Schließanlagen, der Einbau von Sicherheitsschlössern und/oder einbruch­hemmenden Fenstern und Türen, Beleuchtung mit Bewe­gungsmelder etc. Insbesondere bei gewerblich genutzten Objekten wäre auch an regelmäßige Kontrollgänge durch Wachpersonal zu denken.

Auch bei der Auswahl der Kameraeinstellungen ist für jede zum Einsatz kommende Kamera (einzeln!) der Grund­satz der Datenminimierung zu beachten. Das bedeutet, dass zu prüfen ist, auf welche Betriebszeiten und welche Erfassungsbereiche die Überwachung durch die jeweilige Kamera beschränkt werden kann.

Außerdem ist die Ausrichtung der Kamera so zu wählen, dass nur der Bereich aufgenommen wird, der zur Errei­chung des Überwachungszwecks tatsächlich erforderlich ist. Ist eine Beschränkung auf diesen Bereich allein durch die Kameraausrichtung nicht möglich, dann sind die nicht erforderlichen Bereiche durch technische Maßnahmen irreversibel auszublenden oder zu verpixeln.

Abwägung der Interessen

Die Interessenabwägung hat anhand der subjektiven Erwartungen der betroffenen Person im jeweiligen Ein­zelfall zu erfolgen. Parameter zur Beurteilung des jewei­ligen Einzelfalls können sein:

  • der betroffene Personenkreis: z. B. genießen Perso­nen in einer Gastronomie- oder Freizeiteinrichtung einen höheren Schutz, weil die freie Entfaltung der Persönlichkeit an solchen Orten im Vordergrund steht?
  • Art und Umfang der erfassten Informationen: Über­wachungsmaßnahmen, denen Betroffene nicht aus­weichen können und die dauerhaft erfolgen, z. B. die ständige Überwachung von Zufahrten und Ein- und Ausgängen, intensivieren einen Eingriff.
  • Art und Weise der Datenverarbeitung: Hier spielt einer­seits die Vorauswahl der technischen Funktionen der ein­gesetzten Kamera eine Rolle (verschärfend wirken z. B. Schwenk- oder Zoomfunktion, Möglichkeit des Fernzu­griffs, Verarbeitung mit Software-Unterstützung). Außer­dem spielen die technischen Schutzmaßnahmen eine Rolle, die begleitend zum Einsatz der Videoüberwachung festzulegen sind. Den Eingriff abmildern kann z. B. eine kurze Speicherdauer, die bei Maßnahmen zur Überwa­chung maximal 72 Stunden betragen sollte, ein strenges Zugriffskonzept oder die Anwendung des sog. „Black-Box-Prinzips,“ bei dem die Aufnahmen nach Ablauf der festgelegten Speicherfristen automatisch gelöscht und nur im Falle eines Vorfalls eingesehen werden.

 

Gibt es Ausnahmen?

Videoaufnahmen, die ausschließlich auf den pri­vaten oder familiären Bereich bezogen sind, fallen grundsätzlich unter die Haushaltsausnahme und damit nicht in den Anwendungsbereich der DSGVO. Aber Achtung: Sobald eine Videoüberwachung sich auch nur teilweise auf den öffentlichen Bereich erstreckt, kann die Verarbeitung bereits nicht mehr als ausschließlich dem persönlichen oder familiären Bereich zugehörig angesehen werden. Und auch Videokameras, die zwar nur innerhalb der eigenen Grundstücksgrenzen betrieben werden, aber dazu geeignet sind, auch Personen aufzunehmen, zu denen keine persönliche Beziehung besteht (z. B. Gäste, Reinigungspersonal) sind in der Regel nicht von der Haushaltsausnahme gedeckt.

Fazit

Der Betrieb von Videokameras in und an Gebäu­den unterliegt einer Vielzahl von Anforderungen, für deren Aufzählung selbst eine vereinfachte Checkliste mehrere Seiten in Anspruch nimmt. Auch mit Kenntnis der Anforderungen gibt es keine schematische Lösung, sondern es muss stets im jeweiligen Einzelfall geprüft und dokumentiert werden, dass die Rechtmäßigkeitsvoraussetzun­gen erfüllt sind. Insgesamt muss jedem Betrei­ber einer Videoinstallation bewusst sein, dass er sich zum Verantwortlichen im Sinne der DSGVO für die Datenverarbeitung macht. Bei Verletzung der Pflichten drohen neben zivilrechtlichen Unter­lassungsansprüchen also auch Haftungsansprüche nach der DSGVO.

 

Zerull, Tanja

Die Rechtsanwältin ist Fachanwältin für Miet- und WEG-Recht sowie Datenschutzbeauftragte (TÜV) in der Kanzlei Groß Rechtsanwälte.
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